Zum Neunzigsten

Weltexpressoautor Kurt Nelhiebel wird heute 90 Jahre!, Teil 1

Die Redaktion

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Eigentlich wollten wir heute nur Artikel von und über Kurt Nelhiebel bringen, aber er hat sich gerade mal den herzlichsten Geburtstagsgruß von den Kollegen gefallen lassen und will zur Tagesordnung übergehen, schließlich passiert genug.

Schon, aber so ganz kommt er nicht drumherum. Nun gut, wir haben auf lautere Würdigungen verzichtet, obwohl sie angemessen wären, und auch auf einen ausführlicheren Werdegang, obwohl dieser paradigmatisch und spezifisch ist für einen, der 1927 geboren ist, zum Ende des Krieges also noch blutjung war und doch in der Heimat, die zur Tschechoslowakei wurde und aus der er fliehen mußte, schon all das erlebte, was sonst für ein Leben reicht. Und dann die frühe Bundesrepublik! Aber das müssen nicht wir erzählen. Kurt Nelhiebel selbst hat davon nicht nur als Journalist selbst Zeugnis abgelegt, sondern zudem in vielen Büchern davon berichtet, die immer das Zeitgeschehen im Blick hatten. So können wir auch heute verraten, daß die Benennung unserer Rubrik ZEITGESCHEHEN im Weltexpresso auf ihn zurückgeht.

So heißt auch sein gerade erschienenes Buch, daß er sich selber zum Geburtstag schenkte GEGEN DEN WIND und wo er unter seinem Zweitnamen Conrad Taler GESCHICHTEN UND TEXTE ZUM ZEITGESCHEHEN 1927 – 2017 zusammengefaßt hat, erschienen im Verlag Papy Rossa. Davon noch mehr.

In der heutigen Redaktionssitzung haben wir darüber gesprochen, wie lange und woher die einzelnen Kollegen, die anwesend waren, Kurt Nelhiebel kennen. Völlig Unterschiedliches kam da heraus. Hans Weißhaar kennt seine Gedichte, immer schon, wie er behauptet. Und Weltexpressoleser kennen sie auch! Gerhard Wiedemann hatte ASCHE AUF VEREISTEN WEGEN, Berichte vom Auschwitz-Prozeß gelesen, wo die Artikel gesammelt sind, die der Autor für eine jüdische Zeitung in Wien festgehalten hat, die Neuauflage im vorletzten Jahr hatte Alexander Martin Pfleger am 20. August 2015 und noch einmal kurz am 8. Oktober 2016 in Weltexpresso besprochen. Dort findet sich auch der Bezug zu Fritz Bauer, über den Claudia Schulmerich in engen Kontakt zu Kurt Nelhiebel geriet.

Sie hatte in dem bewegenden Film FRITZ BAUER – TOD AUF RATEN von Ilona Ziok Kurt Nelhiebel als Zeitzeugen erlebt mit Aussagen zu Fritz Bauer, die ihre hätten sein können, hatte sie doch Fritz Bauer in den Sechzigern noch erlebt. Den Film sah Claudia Schulmerich 2010 auf der Berlinale, wo er seine Uraufführung erlebte und heute der geheime spiritus rector aller filmischen Versuche ist, die imposante Figur des Hessischen Generalstaatsanwalts Fritz Bauer auf die Leinwand zu zwingen oder in Ausstellungen zu tradieren. Leider recht mißlungene Versuche im Gegensatz zum Dokumentarfilm, der auf Originalaufnahmen basiert. Wir haben uns deshalb um Kurt Nelhiebels Aussagen im Film bemüht und tatsächlich – großer Dank! - Abschriften erhalten, die wir im Folgeartikel veröffentlichen.

Susanne Sonntag, die einst in Bremen zur Schule ging, trug dazu bei, daß in Bremen der Name Kurt Nelhiebel jedem aufgeklärten Bürger bekannt sei, schließlich habe er als politischer Redakteur des Bremer Rundfunks zur politischen Bildung der Landsleute beigetragen. Lona Berlin kennt das nun alles nicht, aber als studierte Historikerin hatte sie sich mit Nelhiebel-Talers DAS VORSPIEL. DIE SUDETENKRISE UND DER ZWEITE WELTKRIEG aus dem Donat Verlag im Studium beschäftigt. Eric Fischling wollte auch seine Verbundenheit mit Kurt Nelhiebel ausdrücken und behauptete, ihn vor vielen Jahren beim Drachenfliegen, ach nein, beim Fliegenlassen mit selbstkonstruierten und selbst gebauten Segelfliegermodellen auf der Wasserkuppe beobachtet zu haben – oder war‘s der Ottersberg? Daß etwas daran dran ist, konnte er sogar mit Bildern beweisen.

Eike Holly, er verwaltet die Fotos in der Redaktion, trug dazu bei, wieviele traumhafte Fotos von Blumen, Gärten, Vögeln, Früchten, Landschaften wir Kurt Nelhiebel verdanken, der zudem als persönliches Weihnachtsgeschenk auch Kalender mit eigenen Bildern versieht. So hängt in der Redaktion für den Juni auf schwarzem Grund ein Foto, das auch aus einer Fotoausstellung stammen könnte: „Mit 1/1000 Sekunde fotografiert Terrassentisch“. Man sieht eine Kaskade von Tropfen, die in ihrer Zusammenballung geradezu Tierformen ergeben, aber auch tausende winzig kleine Punkte, die als Tröpfchen nur dann identifizierbar sind, wenn man an den Terrassentisch denkt. Der nämlich sieht auf dem Foto eher wie ein in Bahnen unterteiltes Schwimmbad aus. Einfach ein tolles Bild.

Cordula Passow liebt mehr seine Blumenfotos und freut sich auf den Juli, wenn die eine rote Mohnblüte am Kornfeldrand von der Schönheit und dem schnellen Vergehen spricht. Sie kennt auch seinen Garten und seine Kenntnisse über Flora und Fauna. Die sind gewaltig und bilden sich in der Auswahl seiner Fotos ab.

Klaus Philipp Mertens wurde auf Kurt Nelhiebel auf Umwegen aufmerksam. Auf dem Bundeskongress des "Verbands der Kriegsdienstverweigerer" in Bremen am 4. und 5. Mai 1968 hatte er Gelegenheit, mit Rechtsanwalt Heinrich Hannover zu sprechen, der damals viele Kriegsdienstgegner vor Gericht vertrat und zwei Jahre zuvor ein Buch über die politische Justiz in der Weimarer Republik veröffentlicht hatte. Hannover erwähnte Kurt Nelhiebel mehrfach als Ideal eines unabhängigen und kritischen Journalisten. In der zweiten Hälfte der 70er Jahre, als K. P. Mertens beruflich in Bremen, der Wesermarsch und Oldenburg tätig war und sich (trotz damaliger SPD-Mitgliedschaft) bei der "Bremer grünen Liste " des Querdenkers Olaf Dinné engagierte, wurde Kurt Nelhiebel ständig als Beispiel für einen investigativen, aber seriösen Publizisten erwähnt. Trotzdem gab es keine Gelegenheit, ihn persönlich kennenzulernen. Doch durch die Lektüre seiner Bücher und seiner Beiträge in WELTEXPRESSO ist er ihm dennoch besonders vertraut geworden.

Und alle Kollegen zusammen sind glücklich, wie vielfältig die Beiträge von Kurt Nelhiebel in Weltexpresso sind, auf den zudem immer Verlaß ist, wenn ein aktuelles politisches Problem eine Berichterstattung nötig macht, in die er seine Erfahrungen miteinfließen läßt. Eric Fischling und Katharina Klein sind genau auf diese Erfahrungen scharf, von denen sie jeden Tag lesen möchten. Darum lieben sie besonders solche Berichterstattung, wie die über den Besuch von Kurt Nelhiebel bei Heinrich Hannover, von der unser Bild stammt und die am 20. Mai 2016 veröffentlicht wurde.
https://weltexpresso.de/index.php/kulturbetrieb/7191-unvergesslicher-tag

Aber die Arbeit geht weiter und deshalb wurde auf das Geburtstagskind ein Gläschen erhoben. Wir sind so froh, daß er dabei ist und wünschen uns noch viele zufriedene Jahre – emotional und sachlich/fachlich.

Fortsetzung folgt.


Info: Sein letztes Buch als Conrad Taler, GEGEN DEN WIND, Geschichten und Texte zum Zeitgeschehen, 1927-2017, PapyRossa Verlag 2017