p g20p hbgprostestWorüber nach dem G-20-Gipfel zu reden wäre

Kurt Nelhiebel

Bremen (Weltexpresso) – In zwei Wochen wird in Hamburg von den Spuren der Gewalt vermummter Chaoten nichts mehr zu sehen sein. Wo ausgebrannte Autos standen, werden neue stehen und die Regale in den geplünderten Supermärkten werden wieder gefüllt sein. Die Spuren der Gewalt hingegen, die die Mächtigen der Welt gegen die Armen und Schwachen ausüben, verschandeln weiterhin das Gesicht unserer Erde und nichts deutet darauf hin, dass sich auf absehbare Zeit daran etwas ändert.

Quod licet Jovi, non licet Bovi, sagen die einen, während die anderen das Recht des Stärkeren nicht länger hinnehmen wollen. Statt über die Ursachen der globalen Probleme und deren Beseitigung zu reden, wird - wieder einmal - über eine Verbesserung der polizeilichen Zusammenarbeit, diesmal auf europäische Ebene, schwadroniert und dem Linksextremismus der Kampf angesagt. Als die Jeunesse dorrée unter den Talaren den Muff von 1.000 Jahren entdeckte und gegen ihre naziverseuchten Väter auf die Straße ging, brach dasselbe Gejammere los, mit dem uns Politiker jeglicher Couleur jetzt in den Ohren liegen. Bei uns wäre nicht passiert, was in Hamburg passiert ist, prahlte der bayerische Innenminister Joachim Herrmann, in dessen Zuständigkeitsbereich die rechtsterroristische NSU-Mordgruppe die meisten ihrer Verbrechen begehen konnte, ohne dass Polizei und Verfassungsschutz etwas bemerkten.

p hbg„Globalisierung außer Kontrolle – Traut Euch! Radikal denken, entschlossen handeln – nur so ist die Welt noch zu retten“ Das stand wenige Tage vor Beginn des G-20-Gipfels nicht im linken „Neuen Deutschland“, sondern auf der Titelseite des Hamburger Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“, ergänzt durch eine Grafik, der zufolge dem reichsten Zehntel der Menschheit 89 Prozent des Vermögens gehört. Auf die nächsten 40 Prozent entfielen 10,8 Prozent, und der ärmsten Hälfte der Menschheit gehöre fast nichts, nämlich nur 0.2 Prozent. Angesichts dieser Zahlen klingt es wie Hohn, wenn Martin Schulz und Siegmar Gabriel verlangen, die Globalisierung gerechter zu gestalten. Um dem von Helmut Schmidt so bezeichneten „Raubtierkapitalismus“ die Zähne zu ziehen, wird das nicht reichen.

Donald Trump verkörpert diesen Raubtierkapitalismus, von Martin Schulz auch als „zügelloser Wildwest-Kapitalismus“ apostrophiert, in Reinkultur. Sein „America First“ ist eine Kampfansage an die Welt. Er betrachtet die USA als Geschäftsunternehmen, bei dem nur eines zählt: Der eigene Nutzen, oder genauer gesagt: der Profit. Was für ein Desaster für die vermeintlich beste aller Welten! Zerknirscht kommt Stefan Kornelius in der „Süddeutschen Zeitung“ zu dem Schluss: „Die USA führen nicht mehr die freie und offene Welt an, sie arbeiten gegen sie.“

Was bedeuten angesichts dieses politischen Scherbenhaufens die Scherben von Hamburg? Aber bei uns läuft alles wieder nur auf die armselige Forderung hinaus, den Staat zu stärken, die Polizei besser auszurüsten und dem verantwortlichen Bürgermeister und sozialdemokratischen Hoffnungsträger Olaf Scholz den Stuhl vor die Tür zu setzen. Der Ruf nach Einsatz der Bundeswehr im Innern wird nicht lange auf sich warten lassen. Armes Deutschland. Es wird den obrigkeitsstaatlichen Morast in den Köpfen einfach nicht los.

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