In Frankfurt am Main: Entstehen der Gedenk- und Bildungsstätte ‚KZ-Katzbach‘
Herbert Bauch
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Es gibt in Frankfurt am Main einen Ort, der mit dem mörderischen NS-System und seinen Gräueltaten aufs engste verbunden ist, und den doch nur die wenigsten Einwohner*innen kennen: das KZ Katzbach. Es befand sich mitten im Stadtteil Gallus in den Adlerwerken, und war ein Außenlager des Konzentrationslagers Natzweiler-Struthof im Elsass.
Die 1880 als Heinrich Kleyer GmbH gegründeten Adlerwerke stiegen innerhalb weniger Jahre zum größten Fahrrad-Hersteller im Deutschen Kaiserreich auf. Darüber hinaus verfügten sie über eine innovative Produktpalette. Ab der Jahrhundertwende rückte der Automobilbau immer mehr in den Vordergrund. An die legendären „Adler-Schreibmaschinen“ erinnern sich noch heute viele Ältere. Im Ersten Weltkrieg produzierte man spezielle Fahrräder für den Fronteinsatz, außerdem LKWs, Flugzeugmotoren, Torpedos und Munition sowie Getriebe für den ersten deutschen Panzer. Das Werk mutierte zum Frankfurter Rüstungsbetrieb Nr. 1.
Diese „Tradition“ setzte sich im Nationalsozialismus fort. Die Adlerwerke produzierten jetzt fast ausschließlich für die Wehrmacht und stiegen zum größten Hersteller von Schützenpanzer-Fahrgestellen auf. Bereits im Juli 1941 entstanden Baracken für französische Zivilarbeiter auf dem Gelände zwischen Werk I und II. Dieses Areal hatte die Firmenleitung zwischen 1936 und 1938 vier jüdischen Unternehmern, die dort kleine Fabriken betrieben, abgepresst.
Ab 1942 verschleppte man vor allem russische Kriegsgefangene nach Frankfurt, weshalb ein neues Massenquartier in Griesheim auf städtischem Grund entstand. Etwa 2.000 Zwangsarbeiter*innen mussten dort unter unmenschlichen Bedingungen hausen. Sie schufteten für die Adlerwerke, die 1943 das drittgrößte Zwangsarbeiterheer Frankfurts, nach den IG Farben und VDM, beschäftigten.
Der alliierte Luftangriff vom 22.04.1944 führte in Frankfurt und bei den Adlerwerken zu schwersten Zerstörungen. Dringend wurden weitere Arbeitskräfte für die Aufrechterhaltung der Kriegsproduktion benötigt. Um den Bedarf zu decken, forderte die Firmenleitung KZ-Häftlinge an.
Vier Monate später war das KZ Adlerwerke eingerichtet und erhielt den Decknamen „Katzbach“. Etwa 1.600 Männer wurden von der Werksleitung vorwiegend in den Konzentrationslagern Buchenwald und Dachau zur Sklavenarbeit ausgesucht. Die Todesrate im KZ Adlerwerke übertraf die aller hessischen KZ-Außenlager. Die Häftlinge, die aus acht Nationen kamen, die meisten jedoch waren Polen, die am Warschauer Aufstand 1944 beteiligt waren -, mussten 84 Stunden in der Woche in ungeheizten, teils zerstörten Hallen arbeiten. Sie besaßen in dem eisigen Winter 1944/45 nur ihre zerlumpten Sommermonturen. Hygiene und ärztliche Versorgung gab es praktisch nicht. Gewalt und Schikane waren alltäglich. Die Menschen verhungerten buchstäblich oder fielen, völlig geschwächt, Krankheiten zum Opfer. Fluchtversuche wurden mit öffentlicher Hinrichtung bestraft.
Am 23. März 1945 stellten die Adlerwerke ihre Produktion ein, am nächsten Tag wurden die letzten verbliebenen Häftlinge auf einen Todesmarsch nach Buchenwald geschickt ...
Von den rund 1600 Häftlingen, die man in das Konzentrationslager Katzbach verschleppt hatte, überlebten etwa 50 das Kriegsende.
Um das Gedenken an die Verschleppten und Ermordeten aufrecht zu erhalten, bemühten sich unterschiedliche Initiativen, Vereine, Stiftungen und Gruppen bereits seit Jahrzehnten vergeblich. Um diese Aktivitäten zu bündeln und auf eine neue Stufe zu heben, hat sich im Oktober 2015 der Förderverein für die Errichtung einer Gedenk- und Bildungsstätte ‚KZ-Katzbach‘ in den Adlerwerken und zur Zwangsarbeit in Frankfurt am Main e.V. gebildet. Der Verein ist mittlerweile in der städtischen Gesellschaft bestens vernetzt, im Stadtteil Gallus bekannt und anerkannter Gesprächspartner beim städtischen Dezernat Kultur und Wissenschaft.
Foto:
Blick auf die Adlerwerke, Baustelle 2017 © Sabine Hoffmann
Info:
Förderverein für die Errichtung einer Gedenk- und Bildungsstätte KZ-Katzbach in den Adlerwerken und zur Zwangsarbeit in Frankfurt am Main
Henschelstr.11, 60314 Frankfurt am Main
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Einen informativen Überblick über die Geschichte des KZ Katzbach bietet:
http://kz-adlerwerke.de/de/geschichte.html