Die angebliche Alternative für Deutschland (AfD) im Bundestag
Klaus Philipp Mertens
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Wenn das bislang Unsagbare, weil niveaulos und mit dem Odium des Kriminellen behaftet, durch unwidersprochenen Gebrauch allmählich zur Normalität wird, könnte die Demokratie dieses Landes irreparabel beschädigt werden.
Die Rede ist von der Bundestagsfraktion der AfD. Deren Vorsitzender Alexander Gauland hat bereits vom Krieg seiner Partei gegen die anderen Parlamentarier gesprochen und dokumentiert mit jedem Auftreten, dass er ein Verfechter der britischen Klassengesellschaft aus kolonialen Zeiten ist, Untertanen und Leibeigene eingeschlossen. Währenddessen übt sich die Ko-Vorsitzende Alice Weidel darin, nicht nur inhaltlich, sondern auch in der Tonlage so zu sprechen wie einst Joseph Goebbels. Wer im „Wörterbuch des Unmenschen“ von Dolf Sternberger, Gerhard Storz und Wilhelm E. Süskind sowie in Victor Klemperers „LTI – Lingua Tertii Imperii“ nach Vorlagen für die von dieser Fraktion emittierten Hasstiraden sucht, wird rasch fündig.
In der Bundestagsdebatte über den Doppelpass hat diese Partei erneut alle Erwartungen erfüllt. Ihre Mitglieder, Anhänger und Wähler werden sich bestätigt fühlen. Endlich kommt nach deren Meinung öffentlich zur Sprache, was bislang nur in den rechten Schmuddelecken der Republik kleinlaut geäußert wurde. Wobei der Sympathisantensumpf sich selbstverständlich nicht als schmierig, rassistisch, gewaltbereit und intellektuell unterbelichtet bewertet. Er nimmt sich als das eigentliche Volk wahr und proklamiert, ohne sich darüber klar zu sein, die Diktatur der Persönlichkeitsgestörten.
Die Kritiker der AfD hingegen sehen ihre schlimmsten Befürchtungen bestätigt. Die Diffamierung politischer Gegner, insbesondere die von Minderheiten, wird durch permanenten Gebrauch diskreditierender Sprache allmählich salonfähig gemacht.
Möglicherweise nimmt eine unsensible DUDEN-Redaktion bald Worte wie „Fremdstaatler“ oder „Umvolkung“ als verwendbare Modebegriffe auf. Bereits beim so genannten Idioten-Apostroph (z.B. Gabi’s Klamotten-Shop) war man bekanntlich nicht wählerisch; wenn auch mit vergleichsweise harmlosen Folgen.
Und wie reagieren die Qualitätsmedien (also jene jenseits von BILD, Privatsendern, Facebook, Twitter etc.)? Sie bedauern diese Entwicklung und verweisen darauf, dass die AfD demokratisch gewählt wurde. Was für ein haarsträubender Unsinn!
Auch die NSDAP wurde in der Reichstagswahl vom 6. November 1932 demokratisch gewählt und erhielt 33,1 Prozent der Stimmen, womit sie zur stärksten Fraktion avancierte. In der Folge ernannte Reichspräsident Paul Hindenburg auf der Basis der demokratischen Weimarer Verfassung Hitler am 30. Januar 1933 zum Kanzler. Die Nazis nutzten die Gunst der Stunde, verhinderten die ursprünglich angekündigte Koalition aus NSDAP und Zentrumspartei und setzten eine neue Wahl für den 5. März 1933 durch. Diese war die letzte formal demokratische, jedoch von zahlreichen Übergriffen der NSDAP auf die anderen Parteien gekennzeichnete Reichstagswahl. Hitler und seine Schergen errangen 43,9 Prozent der Stimmen und der „Führer“ wurde in einem demokratischen Verfahren bestätigt.
Vor allem diese historischen Erfahrungen sollten zur Vorsicht mahnen, insbesondere beim Gebrauch des Begriffs „demokratische Wahlen“. Während man jedem Einwanderer, der deutscher Staatsbürger werden will, Grundkenntnisse über die Verfassung und die wichtigsten Gesetze abverlangt, können Eingeborene, soweit sie nicht entmündigt wurden, ihren Hass und ihre Vorurteile parlamentarisch ummünzen, also AfD, NPD und Konsorten wählen. Die solcherart zu Volksvertretern Gewählten sind dann de facto die parlamentarische Vertretung obskurer bis krimineller Gruppen. Doch Demokraten sind sie nicht.
Sowohl aus den Medien als auch aus den Reihen der anderen Parteien werden Stimmen laut, die zu einer Gelassenheit im Umgang mit der AfD mahnen. Doch diese ist unangebracht. Und sie wird irreführend begründet. Vor allem, weil sie auf Vergleichen beruht, in denen die logischen Ebenen permanent durcheinandergewirbelt werden. Sehr beliebt ist das Aufzeigen vermeintlicher Parallelen zu den GRÜNEN und zur LINKEN. Auch deren Fraktionen seien anfangs als Parlamentsschrecken aufgetreten. Ja, tatsächlich: Sie waren eindeutig in ihrer Sprache und radikal in ihren Forderungen. Doch sie provozierten nicht aus Mangel an Inhalten, sondern weil ihre Ideale die verbreitete Seichtigkeit des Parlamentarismus zu entlarven drohten. Und sie waren Vertreter einer unabdingbaren Humanität und keineswegs die Rechtfertiger und Verharmloser der größten Verbrechen in der jüngeren deutschen Geschichte.
Foto:
Teil der AfD-Bundestagsfraktion
© Deutschlandfunk