César Manrique - der Künstler, der Lanzarote prägte, Teil 2/2
Hanswerner Kruse
Schon als Junge fiel der 1919 auf Lanzarote geborene César Manrique durch seine intensive Wahrnehmung auf, die er mit Zeichnungen ausdrückte; er träumte von weiten Reisen und liebte das Kino. Das Entsetzen über die Grausamkeit im spanischen Bürgerkrieg, in dem er kurze Zeit bei den Faschisten kämpfte, ließ ihn sein ganzes Leben lang nicht mehr los.
Gegen den Willen des Vaters studierte er in Madrid konventionelle Malerei und fertigte, während der Akademiezeit und danach, noch einige realistische Wandmalereien und Skulpturen. Doch dann wurden seine künstlerischen Arbeiten zunehmend gegenstandsloser. Seine Bilder wirkten farblich und strukturell wie abgemalte Lavaströme oder Felswände seiner Heimatinsel. Manchmal arbeitete er sogar mit Kleister, Sägemehl und anderen Materialien. Diese Werke bildeten jedoch nichts mehr ab, waren Abstraktionen, in denen reine Formen und pure Farben dominierten und ihre eigene Realität schufen: „Meine Bilder sind Träumereien über einer gleichbleibenden, sublimen Erscheinung von Natur.“
Bald stellte Manrique erfolgreich in Madrid (1954) aus und kam in den 1960er-Jahren nach New York, wo eine Galerie seine individuellen Werke weltweit gut vermarktete. Der Künstler wurde zu Ausstellungen wie der venezianischen Biennale eingeladen und war mit zahlreichen berühmten Kollegen befreundet. Doch 1968 kehrte er nach Lanzarote zurück, seine wenigen Biografen nennen widersprüchliche Beweggründe wie Heimweh oder der Kunstbetrieb sei ihm zuwider geworden.
Von Lanzarote aus bediente er noch lange den internationalen Kunstmarkt und verdiente so viel Geld, dass er sich seine Arbeit für die Insel nie bezahlen lassen musste. Bewusst wollte er seine Unabhängigkeit bewahren. Mit zahllosen Aktionen, Gesprächen und sogar Besetzungen von Bauplätzen überzeugte er die einheimische Bevölkerung und lokale Politiker, die karge Einmaligkeit der Insel behutsam für einen „intelligenten Tourismus“ zu nutzen. Teneriffa und Gran Canaria dienten ihm bereits als abschreckende Beispiele für brutale Grundstücksspekulationen und die Zerstörung der Natur durch den Massentourismus. Er ermunterte Inselpolitiker zu rigiden Baugesetzen und kämpfte erfolgreich dafür, große Gebiete Lanzarotes zu geschützten Nationalparks auszuweisen. Kurz nach seinem Tod erklärte die Unesco die gesamte (!) Insel zum Biosphärenreservat.
Aus dem Bildenden Künstler war ein Architekt und Umweltgestalter geworden, der seine Kunst durchaus als „soziale Plastik“ verstand, ohne diese Beuysche Idee zu kennen oder seine Tätigkeit theoretisch zu begründen. Wie der deutsche Künstler glaubte auch Manrique an die Güte und Einsicht der Menschen. Bei allem unerbittlichen Engagement für seine Insel zeigte er sich auch als fröhlicher, einfühlsamer und geselliger Mensch. Als er 1992 bei einem Autounfall starb, war er europaweit bekannt und schuf bis dahin auch außerhalb von Lanzarote etliche „Landschaftsinszenierungen“, so Manrique.
Fotos:
Hanswerner Kruse