p berlinmz Wütende Assoziationenzum Film „7 Tage in Entebbe“ in Berlin

Hanswerner Kruse

Berlin (Weltexpresso) - 1. Vor einem halben Jahrhundert gebrauchte der politisch engagierte Philosoph Jürgen Habermas den - dann anschließend heftig diskutierten - Begriff „Linksfaschismus“. Wenn auch in einem anderen Zusammenhang ausgesprochen, machte er deutlich, von welchen wahnhaften Vorstellungen seinerzeit manch Linksradikale besessen waren. Vor einigen Tagen behaupteten auf einer der Mai-Demonstrationen in Berlin sogar allen ernstes immer noch etliche „Linksfaschisten“: „Der heroische und gerechte Kampf des palästinensischen Volkes arabischer Nation gegen den Zionismus ist ein fester Bestanteil des internationalistischen Kampfs um Befreiung und immer präsent in den Herzen all jener, die wirklich gegen den Imperialismus Unterdrückung sind“ (Aufruf zur Demo).

2.
Genau diese Haltung trieb auch seinerzeit Wilfried Böse (Daniel Brühl) und Brigitte Kuhlmann (Rosamunde Pike) um, die zwei Mitglieder der deutschen Revolutionären Zellen, die sich an der Entführung des Flugzeugs nach Entebbe durch arabische Terroristen beteiligten. Sie wussten genau, was sie taten, denn es sollten „im heroischen und gerechten Kampf“ möglichst viele jüdische Menschen entführt und ermordet werden, wenn die Forderungen der Entführer nicht realisiert werden konnten. Leichte Zweifel überkamen den Genossen Wilfried Böse, als jüdische Menschen innerhalb der  Flugzeuginsassen  (wie auf der Rampe in Ausschwitz) selektiert wurden, denen der Tod drohte, wenn die israelische Regierung nicht nachgab, die palästinensischen Gefangenen in Israel freizugeben..

Entführte Geiseln haben die Authentizität der filmischen Ereignisse bestätigt, es gibt keinen Grund, sie anzuzweifeln.


3.
Der Film zeigt die verwirrten deutschen Revoluzzer, hasserfüllte, ständig vor Wut tobende arabische Terroristen sowie die cool handelnden - und dennoch zweifelnden - israelischen Politiker und Militärs: Natürlich kann man im Film nur zu den israelischen Befreiern halten. Im ziemlich ausgiebig gezeigten Showdown passiert Folgendes: Immer wieder werden die spannenden Actionszenen des Kampfeinsatzes durch Tanztheaterszenen gebrochen. Das stört und ärgert zunächst - doch dann spürt man, dass die Regie genau diesen Verfremdungseffekt anstrebt, damit „Entebbe“ nicht als beliebiger Actionstreifen wahrgenommen wird.


4.
Das Leiden und die Ängste der jüdischen Geiseln bleiben im Film leider etwas blass. Vielleicht kommt einem das jedoch nur so vor, weil kurz nach „Entebbe“ auf der Berlinale der norwegische Film „Utøya“ gezeigt wurde: 72 Minuten lang ist die Kamera mit nur einer einzigen Einstellung mitten unter den verfolgten Jugendlichen und zieht einen unglaublich stark in den Film hinein; den Killer sieht man niemals und auch keine Ermordeten. Nach diesem Streifen kann man annähernd spüren, wie Opfer „heldenhafte und heroische Kämpfe“ erleben.


5.
„Entebbe“ ist ein guter Film, der den Wahnsinn und die Brutalität „des internationalistischen Kampfs um Befreiung“ deutlich macht und sich eindeutig, wenn auch nicht unreflektiert, für den Staat Israel einsetzt.


PS.
Komischerweise hat man im letzten halben Jahrhundert niemals gehört, dass sich Linksradikale für die „Befreiung“ Ostpreußens, Pommerns oder Sudetendeutschlands stark machen.

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Info:
Weltexpresso hatte eine Anzahl von Filmkritiken und Interviews zum am letzten Donnerstag angelaufenen Film 7 TAGE IN ENTEPPE veröffentlicht