Bildschirmfoto 2018 11 21 um 10.33.47In Israel: vom Verteidigungsministerium zum Kriegsministerium?

Jacques Ungar

Jerusalem (Weltexpresso) - Den Grossteil ihrer Reden vom Montagmorgen vor versammelter Knesset-Presse widmeten die Minister Naftali Bennett (Bildung) und Ayelet Shaked (Justiz, beide Jüdisches Haus) wie erwartet ätzender Kritik an der Sicherheitspolitik von Premierminister Netanyahu. «Israel hat aufgehört, zu gewinnen», lautet eine der zentralen Slogans Bennetts. Gleichzeitig machten sie aber mit knirschenden Zähnen Halt vor dem allseits erhofften, beziehungsweise befürchteten Finale, nämlich dem Rücktritt aus Kabinett und Regierung.
Vielmehr verzichteten die sonst so lautstarken Politiker auf alle ihre Forderungen und blieben vorerst in der Regierungskoalition, die damit unerwartet zu einer Überlebenschance gekommen ist.

Premier Netanyahu, der am Sonntagabend mit kaum zu überbietender Egozentrik und Theatralik seine Rolle an der Spitze der Nation in den letzten Jahren hat hochleben lassen und vor den katastrophalen Folgen vorgezogener Wahlen gewarnt hatte, darf zunächst aufatmen. Diese Atempause dürfte allerdings von kurzer Dauer sein, sobald Bennett  & Co. sich daran machen, ihren Scheck einzulösen. Dieser besteht nämlich darin, dass Israel eine bedeutend schärfere Gangart seinen Feinden gegenüber, allen voran der Hamas und der Hizbollah anschlägt. Über die Schwächen der israelischen Verteidigungskonzepte meinte Bennett: «Wir auferlegten unseren Kämpfern Beschränkungen nach Beschränkungen, legale Beschränkungen und konzeptuelle Beschränkungen.» Israels Kämpfer würden sich mehr vor dem Militär-Staatsanwalt fürchten, meinte Bennett, als vor Yahya Sanwar, dem Chef der Hamas im Gazastreifen. Zusammenfassend meinte der Bildungsminister, es sei durchaus möglich, dass er einen politischen Preis werde zahlen müssen für seine Entscheidung, nicht zurückzutreten. «Es ist aber besser, wenn Premierminister Binyamin Netanyahu uns in einem politischen Kampf schlägt als wenn Hamas-Boss Ismail Haniyeh uns schlägt.»

Wenig beeindruckt von den Überlebenschancen der Regierung Netanyahu gab sich Finanzminister Moshe Kahlon (Kulanu), der den Israeli empfahl, sich weiter auf einen Wahltermin im März einzurichten. Eines dürfte sicher sein: Mit Bennet und Shaked an der Spitze wird «Das Jüdische Haus» mit nichts weniger als einer wesentlichen Verschärfung der militärischen Gangart Israels gegen die Feinde des Landes zufrieden geben. Kritiker schlagen daher schon  jetzt vor, das israelische Verteidigungsministerium in ein Kriegsministerium umzubenennen.

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Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 20. November 2018