Nicht zu verkaufenDas Abwertungsprogramm der Agenda 2010 gehört der Schwarzen Pädagogik an  Teil 1/2

Heinz Markert

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Die Agenda 2010 war ein Lohndumpingprogramm in Verbindung mit einer widerlichen Kampagne zur Abwertung unbeliebter, als verächtlich angesehener Teile der Gesellschaft.

"Dieses Grundstück steht nicht zum Verkauf"  

Als Aufsteiger wollte Gerhard Schröder sich bei den Industriefürsten und den von ihm angehimmelten Weltenlenkern beliebt machen, damit er im vertrauten Kreis bei Tisch sitzen und die Erhebung erfahren durfte ‚Rabbi genannt zu werden‘.

Durch die Androhung von Hartz IV wurden handwerklich, kaufmännisch und akademisch gut ausgebildete Arbeitnehmer, derer sich Unternehmen entledigen wollten, genötigt Trash-Arbeit unterhalb ihres Qualifikationsniveaus zu miesen, entwürdigenden Bedingungen anzunehmen; sie wurden in minderwertige Jobs gepresst. Dies geschah von fernen Tischen aus, an denen der Daumen sich nach unten senkte, um Beschäftigte der ehrlichen Arbeit ‚wie Kirschkerne auszuspucken' (wie Norbert Blüm formulierte). Es wurde zu einer Verschleuderung von Volksvermögen.

Es ging um billige Arbeit

Durch die Androhung von Hartz IV und seine Folgen wurde Arbeit für die Unternehmen billiger. Die Agenda 2010 hat die Bundesrepublik eines Ludwig Erhard zertrümmert. Die dahinter gelagerten Regungen waren unfassbar gemein und niedrig. Durch die Instrumentalisierung einer vorübergehenden Konjunkturschwäche im Gefolge der Asienkrise gegen Ende der Neunziger Jahre (2005 sprang die Weltkonjunktur wieder an und Frau Merkel sahnte ab) wurden Menschen in großer Zahl abgewertet, erniedrigt und gedemütigt. Sozialarbeiter*innen wissen um die Konsequenzen.

Der akkumulierte Erfolg der Lohnabhängigen, was sie geschaffen hatten, wurde nicht reinvestiert (Roland Koch bejammerte das flennend 2002), sondern in die spekulative Finanzmarktindustrie gelenkt, in die irische, spanische und die US-amerikanische Subprime-Immobilienblase, deren Kollaps das Finanzsystem 2008 an den Abgrund rückte. Erinnert sei an Erwin Wagenhofers aufschlussreichen Film ‚Let’s Make Money‘. Das enthemmte Finanzmarktspiel geht munter weiter. Aus dem Crash wurden keine Konsequenzen gezogen.

Denn die Politik war längst eingeknickt. In den Achtzigern kam eine menschenverachtende, zerstörerische Wirtschaftsphilosophie in Mode. Der alte Graf Lambsdorff war einer der Ziehväter dieser Wende, die Kohl übernahm, ohne den letzten Schritt zu tun. Das machte erst die SPD, CDU und FDP haben ihr assistiert. Die Politik degradierte sich zum Instrument einer Wirtschaftskriminalität. Die Rechnung wird jetzt mit den Verwerfungen im politischen Gefüge präsentiert, im eigenen Land, in Europa und mit dem Irren in den USA.

Die Agenda 2010 wurde zur Bedienung der destruktiven Finanzmärkte

Mit der Steuerfreiheit für Veräußerungsgewinne zerschlug Gerhard Schröder die Deutschland AG und beendete den vielgerühmten Rheinischen Kapitalismus. Dem entsprechend wurde die Entwertung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Leiharbeit und Niedriglohn und untypischen Arbeitsverhältnissen zur perfide angezettelten Folgeerscheinung, die epidemische Ausmaße angenommen hat. 25 Prozent arbeiten im Niedriglohnbereich.

Die Agenda 2010 war ein Lohnraubzugsprogramm zugunsten der Wett-Junkies auf entfesselten Finanzmärkten, die ohnehin mehr oder weniger nur Luftbuchungen im Finanzsystem umherpumpen, mit Derivaten, Verbriefungen und Bündelungen. Das geisttötende Börsenfieber liegt davon nicht weit ab. In Firmen investieren, ohne darauf zu achten, dass diese der Weltgemeinschaft nicht schaden, geht gar nicht. Wohin ging das billige Geld der EZB? In die Schattenbanken, die under the counter arbeiten, in ‚Finanzinnovationen‘ und in den Börsenrummel.

Die Nettoreallöhne entwickelten sich ab 1973/1983 abgekoppelt vom Produktivitätsfortschritt nach unten. Wir rutschten in „Die Abstiegsgesellschaft“, wie ein Vortrag von Prof. Dr. Oliver Nachtwey beschreibt, demzufolge der soziale Fahrstuhl immer mehr steckenbleibt. In den frühen Jahren der Bundesrepublik gab es über 20 Jahre Steigerungen des Bruttoinlandsprodukts von 4,9 Prozent.

http://www.tele-akademie.de/begleit/video_ta181118.php?xtmc=die%20abstiegsgesellschaft&xtcr=1


Die von der neudeutschen Politik ausgehende billig gemachte Arbeit und das daraus resultierende Wettbewerbsungleichgewicht ist der Hauptgrund für die Reibungen zwischen den europäischen Staaten, mit Wirkungen auch auf die Vereinigten Staaten.

Gerhard Schröder wurde nach seinen sieben Jahren als Kanzler zum Amigo russischer Oligarchen, die sich im außerstaatlichen, mafiosen Milieu bewegen, das sich die russische Gesellschaft - Gesetz und Gerechtigkeit immer mehr ausdünnend - zum Objekt macht. In der Arbeiterschaft gibt es eine treffende Bezeichnung für jemanden wie Gerhard Schröder, so lehrte es uns die Zeit der Lehre. Nach dem Wahlsieg 1998 war er umgeschwenkt und begann die Eigenen zu verleugnen.

Die Menschen sind heute vielfach schwer angeschlagen und laufen verzweifelt gegen die Rolltreppe an, die ihnen nach unten laufend stetig entgegenkommt. Daher ist auch kein richtiges Leben mehr möglich. Das Leben ist angezählt, d.h. Mensch und Natur.

Foto:

Heinz Markert (Das Foto verschafft einen Eindruck vom Druck der Investoren auf die Werte des Gemeinwesens)

Die Teile der Serie in WELTEXPRESSO

1. Die Gesellschaft ins Prekariat führen
https://weltexpresso.de/index.php/zeitgesehen/14669-die-gesellschaft-ins-prekariat-fuehren
2. ... und den Naturhaushalt plündern
https://weltexpresso.de/index.php/zeitgesehen/14670-und-den-naturhaushalt-pluendern