Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 19. September 2019, Teil 18
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Der wievielte Rambo das ist? Der Fünfte. Auf jeden Fall einer zu viel. Und hoffentlich der letzte, obwohl er (Sylvester Stallone) gegen jede Wahrscheinlichkeit immer noch nicht tot ist. Dabei haben sich Regisseur Adrian Grunberg und der Drehbuchautor Matthew Cirulnick solche Mühe gegeben, ein phantastisches unterirdisches Tunnelwerk zu schaffen, das anzuschauen, vor allem, wenn es mitsamt zerstückelter Leichenteile in die Luft fliegt, sich lohnt. Sonst nichts.
Vor allem, weil keine Spur Humor in diesem Weltuntergangsszenarium, kein Augenzwinkern einem dieses blutige, absurde Spektakel erträglich macht. Man kommt sich vor wie bei Nosferatu, wenn man dem gealterten Stallone, der den alten Rambo gibt, ins versteinerte, verfaltete , zerfurchte Antlitz blickt und ihn hüftsteif durch die Gegend stiefeln sieht. Oder sollte man gleich Frankenstein sagen? Das mal vorneweg, ehe die Geschichte erzählt werden muß, die ja nur eine Konsequenz hat, daß alles so schlimm kommt, wie es der durch sein Leben und die Kriegsteilnahme gebeutelte Rambo immer schon dachte, denn seine Mundwinkel zeigen stetig nach unten, so daß der Trübsinn nur so fröhliche Urstände feiert.
Heute nennt man das eine Posttraumatische Belastungsstörung, was Rambo seit den ersten und dann wiederholten Einsetzen als Soldat im Kriegsgeschehen erlebte, austeilte, einsteckt, überlebte, seine vielen Feinde aber nicht. Er ist systematisch als Vernichtungsmaschine erfunden gegen diejenigen, die die Vorherrschaft der Vereinigten Staaten in der Welt gefährden und sich militärisch wehren. Er war der Vietnam-Veteran, der nicht loslassen kann, denn die Feinde vermehren sich wie die Karnickel.
Rambo, das ist aber nicht nur die Einmannarmee, die Kampfmaschine, die wie es Maschinen und der VW mal machten...“und läuft und läuft“..., er ist auch der Ausbilder im Guerillakrieg weiterer kriegerischer Unholde, die mit dem Sieg der USA in der Welt vorgaben, diese besser machen zu wollen. 1972 erschien als Roman das Buch, das dann zum Film RAMBO – THE FIRST BLOOD wurde – und in dem der Held, anders als im Film, am Schluß stirbt. Nicht durch den Feind, sondern durch seinen Erfinder. Wenn jetzt also unter der Ägide eines Präsidenten Trump ein neuer RAMBO erscheint, der auch noch THE LAST BLOOD heißt, ist man gewiß, daß wir es endlich mit dem Ableben des Serienhelden zu tun haben, der im Kampf für ein siegreiches Amerika fällt, aber nein, statt dessen erwischt es...nein, da müssen wir die Geschichte von Anfang an erzählen.
Der alte Rambo lebt also im Süden der USA, auf einer weiten Ranch in Arizona, gut versorgt von seiner mexikanischen älteren Haushälterin Maria (Adriana Barraza), deren hübsche und brave Enkeltochter Gabrielle (Yvette Monreale) Lichtblick der beiden Alten ist. Sie wird weggehen, wird studieren, denn sie hat gerade die Highschool abgeschlossen, was sie feiern will. Woanders. Denn Rambo verschreckt jeden. Doch der zeigt ihr sein phänomenales Werk des unterirdischen Tunnelwerks, das er mit viel technischem Schnickschnack, Lichtern und Farben zu etwas Besonderem gemacht hat, was Gabrielle überzeugt, die die Schulkameraden einlädt.
Sie ist nun erwachsen. Höchste Zeit, sich um den ihr unbekannten mexikanischen Vater zu kümmern. Die nach Mexiko gegangene Schulfreundin Gizelle, die als liederlich von der Oma verabscheut wurde, hat den Vater ausfindig gemacht. Oma und Rambo verbieten dem Mädchen nach Mexiko zu fahren, was sie dennoch tut. Und in die Hölle gerät. Moment: da muß man kurz innehalten. Denn das, was jetzt als mexikanische Sündenhölle mit Drogenmafia und Zwangsprostitution kommt, ist so fürchterlich, daß man auf einmal denkt: Ach, ja, ein Film im Dienste der amerikanischen Politik. An diesem Mexiko ist ja wirklich nichts Gutes dran. Weg mit denen. Schon immer führten in Hollywoodfilmen zahlreiche mexikanischen Verbrecher auf der Leinwand ein Schurkenleben vom Schlimmsten. Aber in der gegenwärtigen Situation in den USA, wo jeder Mexikaner an der Grenze als potentieller Schlechtmensch, ja Terrorist, abgestempelt wird, ist es schon besondern dreist und unsensibel und gleichzeitig besonders ökonomisch erfolgreich, wenn darob die Trumpwähler in die Kinos strömen, wenn Mexiko als ein einziger Dschungel des Bösen dargestellt wird.
Also Gabrielle kommt nach Mexiko, erhält die Adresse, fährt zum Vater, der mit neuer Familie von ihr nichts wissen will und ihr das derart grob und deutlich mitteilt, wie noch nie erlebt. Die verzweifelte Gabrielle will heim, stattdessen wird sie, um auf andere Gedanken zu kommen, von der Freundin in einen Club mitgenommen, die sie an einen Zuhälterring verkauft hat, von dem sie entführt und in ein sehr seltsames Hurenhaus gesteckt wird, entwürdigt, später vergewaltigt, noch später halb tot...
Aua. Da hätten wir doch erwartet, daß Rambo seine Ersatzenkelin rettet. Tut er auch, aber nicht richtig. Denn er ist zwar zur Stelle, findet den Ort, handelt aber nicht sinnvoll, denn er ist der personellen Übermacht der Verbrecherbande nicht gewachsen. Das Unwahrscheinliche ist dabei, daß er überhaupt überlebt, so wie er getreten, ersäuft, angeschossen und erwürgt wird. Er wird durch Carmen Delgado (Paz Vega), eine Journalistin gerettet, deren Schwester durch diese Schweine ebenfalls zwangprosituiert wurde und starb. Sie machen einen Plan.
Er fährt heim, regeneriert, verwirklicht den Plan technisch und fährt erneut nach Mexiko. Jetzt erledigt er das Verbrecherkartell fast vollständig. Er findet auch die schwer verletzte Enkelin, packt sie ins Auto, fährt zurück, aber unterwegs stirbt sie.
Natürlich lassen sich das die überlebenden mexikanischen Hurensöhne nicht bieten und machen sich auf den Weg der Vergeltung in die USA. Solche kommen immer über die Grenze. Das ist es ja. Rambo aber hat – aha – mit Hilfe seiner unterirdischen Tunnel, die er nun gekonnt mit Sprengstoff und verschiedenen Todesarten spickt, vorgesorgt und es gelingt ihm ein blutiges Massaker, daß das letzte Blut nur noch so spritzt. Widerlich alles.
Foto:
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Info:
BESETZUNG
John Rambo.....................Sylvester Stallone
Carmen Delgado ............ Paz Vega
Hugo Martínez ............... Sergio Peris-Mencheta
Maria Beltran....................Adriana Barraza
Gabrielle......................... Yvette Monreal
Victor Martinez ............... Oscar Jaenada
STAB
Regie........ Adrian Grunberg
Drehbuch... Matthew Cirulnick