Jacques Ungar
Tel Aviv (Weltexpresso) - Im Zuge der sonntäglichen Sitzung des israelischen Sicherheitskabinetts betonte Premier- und Verteidigungsminister Benjamin Netanyahu am Sonntag, man befinde sich in einer «sehr sensiblen und instabilen Sicherheitsperiode» an verschiedenen Fronten – im Norden, Osten und Süden des Landes. Netanyahu spielte damit in erster Linie auf den Beschuss von mindestens zehn Raketen vom Gazastreifen nach Israel in der Nacht auf den Samstag an.
Bei diesem massivsten palästinensischen Angriff seit letzten Mai kamen auf der israelischen Seite zwar niemand ums Leben, doch ein Haus in der Stadt Sderot erlitt schweren Schaden durch einen Direkttreffer. Verluste an Menschenleben wurden nur dadurch vermieden, dass die Einwohner sich rechtzeitig in die sicheren Unterständen begeben konnte. Eine Frau erlitt leichte Verletzungen, weil sie beim Rennen in den Unterstand stürzte.
Es war zunächst unklar, welche palästinensische Terrorgruppe für die mögliche Eskalation verantwortlich war, doch inzwischen ist so gut wie sicher, dass der Palästinensische Islamische Jihad den Zwischenfall initiiert hat, wahrscheinlich zum Unmut der Hamas, der, genauso wie den Israeli, mehr an Ruhe gelegen wäre. Nicht ausgeschlossen ist auch, dass in den Raketenangriffen Uneinigkeiten im palästinensischen Lager zum Ausdruck gekommen sind. Dieses Mal scheinen die Anhänger eines harten Kurses obenaus geschwungen zu haben. Vergessen wir aber nicht, dass die Hamas genauso wie der Jihad auf die Gelder angewiesen ist, die regelmässig vom Golfstaat Qatar per Boten in den Gazastreifen gelangen. Auf diese Summen sind die Palästinenser bitter angewiesen, doch Israel hat es jederzeit in der Hand, den inoffiziellen Geldfluss zu unterbinden. Sicher wäre trotz Jerusalemer Koalitionsverhandlungen die Wiederholung eines derart massiven Angriffs wie jener vom Samstagnacht mehr als genug Motivation für Israel, die Barzahlungen aus dem Golfstaat zu unterbinden. Wir werden also noch einige Tage oder gar Wochen warten müssen, bis wir beurteilen können, ob die Raketen vom Wochenende mehr als nur ein Strohfeuer gewesen sind.
Foto:
© tachles
Info:
Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 4. November 2019
Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 4. November 2019