Eine Frau nach der Trauerfeier fur den iranischen General SoleimaniDie aktuelle Nahost-Krise

Klaus Philipp Mertens

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Sind es Szenen aus einem Schmierentheater, gar einer neuen Dreigroschenoper oder ist es Realität?

Das Drehbuch zu diesem Weltverschwörungsepos könnte von prominentesten Autoren des Genres stammen:
Die polizeibekannte Washingtoner Trump-Gang, unterstützt vom militärisch-industriellen Komplex, lässt einen iranischen Schurken ermorden, der im Irak operiert. Also auf einem Terrain, wo sich Trump & Co sowie nationale Oligarchen seit 2003 die Pfründe teilen, aber auch in Bandenkriege mit der konkurrierenden Allah-Connection verstrickt sind. Bei letzterer handelt es sich um einen Familien-Clan, dessen einzelne Glieder in Todfeindschaft verbunden sind: IS (eine Koalition islamistischer War-Lords), iranische Ajatollahs und saudische Feudalherren samt ihrer jeweiligen Legionäre.

Aus sicherer Distanz, aber stets die Finger am Abzug ihrer Vernichtungswaffen, verfolgen weitere Usurpatoren die Ereignisse und warten auf ihre Stunde: Am Bosporus ein grauer Wolf, der sich als Spezialist für Korruption und Volksgefängnisse profiliert hat. An der Moskwa ein ehemaliger Geheimdienstagent, der die Aufteilung politischer und wirtschaftlicher Interessenssphären nach den bewährten Regeln des NKWD betreibt. Und am chinesischen Meer ein nicht mehr ganz junges Start-Up-Unternehmen mit zwei Gesichtern, das den Kommunisten ein Mao und den Kapitalisten ein Huawei sein möchte.

Irgendwie scheinen in diesem Stück bekannte Motive von Bert Brecht und Kurt Weil durch. Wer genau hinhört, erkennt verwandte Texte und eine bekannte Melodie:

Soldaten wohnen auf den Kanonen, in Bagdad oder Teheran.
Ob’s Feuer regnet, ein Gott sie segnet,
sie sind die neue Klasse, Teil einer finster‘n Masse;
verpflichtet nur dem Kampf und der Despoten Größenwahn.

Johnny war darunter und Ahmed war dabei und Ali ist ein Held geworden.
Die Armee fragt keinen nach seinem Ideal, verlangt nur stehlen, töten, morden.

Auch die Verfremdungseffekte wirken nahezu perfekt. Sklavinnen, verhüllt bis zur Nichterkennbarkeit, übertreffen sich in ihren Klagegesängen am Sarg eines Terroristen, der noch vor Jahresfrist im Iran Demonstrationen der Opposition brutal niederschlug. Massen mit unsichtbaren Brettern vor den Köpfen schreien nach Rache. Im Norden Iraks schlagen iranische Raketen ein; ein bislang wirkungsloses Feuerwerk. Und über allem schwebt das große Geschäft mit dem Öl. Zumindest noch so lange, wie mit diesem Stoff viel Geld zu verdienen ist.

Nur ein Mädchen vom (Saar-) Lande, Herrscherin über die deutschen Schießgewehre, blättert in alten Kochbüchern und sucht nach Rezepten von gestern, um heute etwas auftischen zu können.

Foto:
Eine Frau nach der Trauerfeier für den getöteten iranischen General Soleimani
© ARD