Die Vorgänge in Thüringen - ein ‚Bürgerlicher‘ lässt sich von Neofaschisten ins Amt heben und nimmt sie als Notanker ‚des Bürgertums‘ - geben Anlass zu sozialgeschichtlichen Überlegungen.
Heinz Markert
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Es ist unabweisbar, dass die ‚bürgerlichen‘ Parteien FDP und CDU unweigerlich prä- und postfaschistische Zwillinge sind, weil der Zustand, den sie als bürgerliche Ordnung reklamieren, d.h. die Erhaltung eisenharter Interessen, die von ihnen als naturwüchsig beansprucht werden - die Wahrung der Verfügung über Kapital und Arbeit - früher oder später große Spannungen mit sich bringt.
Und weil dieses ungleich geschmiedete Paar ‚Kapital und Arbeit‘ der Vermittlung, d.h. des sozialen und kulturellen Ausgleichs zwischen ‚Bürger‘ und ‚Nicht-Bürger‘ entbehrt und daher zunehmend an Grenzen stößt, ist Gefahr angesagt. Sie macht tagtäglich als Spaltung der Gesellschaft die Runde. Daher datiert der Knüppel aus dem Sack von Schwarzen Mittwoch, nach dem Motto Jetzt-erst-recht und Weiter-so, der den Knoten durchschlagen sollte, aber die Lösung nur auf eine ungewisse Zukunft vertagt. Naiv sprach ein leitender Beamter des Arbeitsamtes 1974, der den fatalen Mechanismus verkannte: Uns ist die Arbeit am sozialen Ausgleich aufgegeben. Keiner der Herren hätte damit gerechnet, dass die Sockelarbeitslosigkeit nie mehr abgebaut würde.
Eine Gesellschaft muss von Zeit zu Zeit neu eingerichtet und justiert werden. Nun meldete sich auch noch der verdrängte Klimawandel zurück, den die Schüler/innen auf die Wochenordnung setzten. Er ist das Nebenprodukt der falschen Organisierung der Gesellschaft. Es sei auch daran erinnert, dass die bürgerlichen Parteien, auch die kleineren, am 24. März 1933 dem Ermächtigungsgesetz zustimmten und Hitler in den Sattel hoben. Die SPD hat nicht mitgezogen, sondern widerstanden. Diese alte Partei aber zieht aus ihrer edlen Haltung keine Konsequenz. Die Sozialdemokratie wurde nach der Reaktionszeit im 19. Jahrhundert zu einem Organ, das die Konditionierung des Menschen zum angepassten Spießbürger betrieb und diesen Typus in den Stand des Normalbürgers hievte. Daraus erklärt sich, dass der Widerstand gegen Hitler überschaubar blieb. Die Zeit ist reif für eine grundlegende Neuauflage der Gesellschaft.
Merke: Die Gewalttat ist die Konsequenz der bürgerlichen Ordnung, weil sie sich der Selbstreflexion verweigert.
Foto 1: Extra3
Foto 2: eurojournalist.eu
Der Versuch der Rettung der bürgerlichen Ordnung mit Hilfe von Faschisten
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