P atomwaffenFrankreich beharrt auf alleiniger Verfügungsgewalt über A-Waffen

Conrad Taler

Habenhausen –(Weltexpresso) – Mit den großen Hunden pinkeln gehen wollen und das Bein nicht heben können, weil man selber keine Atomwaffen hat, das hat der deutschen Großmannssucht schon immer quer im Magen gelegen. Wie ein Wilder rannte der CSU-Vorsitzende Franz Josef Strauß gegen den Atomwaffensperrvertrag an, mit dem die Bundesrepublik Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg für immer auf die Verfügungsgewalt über atomare Waffen verzichtete. Das sei ein „Versailles von kosmischen Ausmaßen“, meinte er in Anspielung an den Versailler Vertrag, der Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg eine Menge militärische Beschränkungen auferlegte.

Seither hat es immer wieder deutsche Versuche gegeben, wenigstens ein  Mitspracherecht zu erlangen, aber die westlichen Atommächte waren weder bereit, die Verfügungsgewalt über ihre Massenvernichtungswaffen mit jemandem zu teilen, geschweige denn, sie aus der Hand zu geben. Aktuelles Beispiel ist die ablehnende Antwort des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron auf den deutschen Vorschlag, Frankreich solle seine Atomwaffen unter ein gemeinsames Kommando der Europäischen Union oder der NATO  stellen. Das hatte der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Deutschen Bundestag, Johann Wadephul, angeregt und im Gegenzug eine deutsche Beteiligung an der nuklearen Abschreckung angeboten. Macron habe Deutschland wiederholt aufgefordert, mehr Europa zu wagen. Nun könne er zeigen, dass auch er dazu bereit sei. Das werde seine Zeit brauchen, fügte der CDU-Politiker hinzu. „Aber die Debatte muss jetzt beginnen.“

So viel steht allerdings fest: Diese Debatte wird niemals dazu führen, dass Frankreich  die Verfügungsgewalt über seine Atomwaffen mit jemandem teilt. Das einem französischen Politiker zuzumuten und als lohnendes Wagnis für Europa anzupreisen, hat mit der Realität nichts zu tun. Der frühere deutsche Außenminister Sigmar Gabriel von den Sozialdemokraten kommentierte den Vorstoß Wadephuls mit den Worten: „Die deutsche Großmannssucht scheint zurück. Wir sollten für neue Abrüstung eintreten und nicht an der atomaren Aufrüstungsspirale mitdrehen.“

Macron plädierte in seiner groß angekündigten Rede zwar für eine gemeinsame europäische Verteidigungsstrategie und die Einbindung der französischen Atomstreitmacht in diese Strategie, gleichzeitig forderte er jedoch einen gemeinsamen Vorstoß mit dem Ziel einer „internationalen Agenda zur Rüstungskontrolle.“ Angesichts eines möglichen nuklearen Wettrüstens dürften die europäischen Länder nicht zum Zuschauer werden. Die europäischen Partner könnten sich an französischen Militärübungen im Rahmen der nuklearen Abschreckung beteiligen. Mit anderen teilen wolle Frankreich sein nationales Atomarsenal aber nicht.

Damit hat Macron, wenige Tage nachdem der israelische Präsident Rivlin die Deutschen aufgefordert hat, eingedenk ihrer Geschichte nicht zu versagen, Deutschland seine Grenzen aufgezeigt. Derselbe Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble, der beim Gedenken an die Opfer des Naziregimes davon gesprochen hat, Auschwitz zeige, wie „verführbar wir sind“, sagte der Deutschen Presseagentur zufolge zwei Tage später, die Lehre aus Auschwitz könne kein Argument dafür sein, ein stärkeres militärisches Engagement Deutschlands dauerhaft abzulehnen. Militärische Mittel führten nicht immer zum Ziel, räumte der Bundestagspräsident ein. Aber ganz ohne die Fähigkeit, militärische Relevanz zu zeigen, werde es nicht gehen. Wenn Europa eine stärkere Rolle spielen solle, dann müssten wir unseren Beitrag leisten. Er sei wie die Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer der Meinung, dass Deutschland mehr Verantwortung übernehmen sollte. „Wir können nicht alles den Franzosen und Amerikanern überlassen.“

Bis auf die Atomwaffen natürlich. Aber das ist eine andere Geschichte.

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