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WELT Corona-Update

Hamburg (Weltexpresso) - Fast 5000 Neu-Infektionen an einem Tag – das ist der höchste Anstieg, den Deutschland bislang zu verzeichnen hatte. Das Robert-Koch-Institut vermeldete diese Zahl heute Morgen – wegen eines technischen Fehlers fehlten darin allerdings die Werte aus Hamburg.

Die Lage in Deutschland

„Noch ist das die Ruhe vor dem Sturm. Keiner kann genau sagen, was in den nächsten Wochen kommt“, sagte Bundesgesundheitsminister Spahn heute. Die Ärzte und Pflegekräfte „bereiten sich auf die wohl größte Herausforderung in 75 Jahren vor“. Damit das Gesundheitssystem das aushält, ist es weiter wichtig, die Ausbreitung zu verlangsamen und die Intensivkapazitäten in den Krankenhäusern zu erhöhen.

Doch gleichzeitig sei es Deutschland gelungen, Zeit zu gewinnen: Und zwar durch die Zahl der Tests, die im internationalen Vergleich sehr hoch sei. Andreas Gassen, der Bundesvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, erklärte, dass seit dem 9. März in Deutschland 410.000 Tests vorgenommen worden seien – in Großbritannien waren es im gleichen Zeitraum nur 100.000.

Und Charité-Virologe Christian Drosten betonte noch einen anderen Aspekt: „Der Grund, warum wir in Deutschland im Moment so wenige Todesfälle haben gegenüber der Zahl der Infizierten, ist hinreichend damit zu erklären, dass wir extrem viel Labordiagnostik in Deutschland machen.“ Positiv stimmte heute außerdem eine Nachricht des Technologiekonzerns Bosch: Dieser hat nach eigenen Angaben einen Coronavirus-Schnelltest entwickelt. Das Verfahren zum Nachweis von Virenerbgut soll von der Entnahme der Probe bis zum Ergebnis weniger als zweieinhalb Stunden dauern.

In der aktuellen Situation sei es laut Spahn vor allem wichtig, dass die beschlossenen Einschränkungen und Maßnahmen jetzt durchgehalten werden. „Wenn wir das schaffen, können wir nach Ostern über weitere Perspektiven reden.“ Dann würden Bundesregierung und Ministerpräsidenten über das weitere Vorgehen beraten. „Zum jetzigen Zeitpunkt kann noch keine gesicherte Aussage gemacht werden, ob sich die Infektionsdynamik abgeschwächt hat“, sagte RKI-Präsident Lothar Wieler. Und betonte noch einmal, dass jeder durch das Virus erkranken könne, unabhängig von Alter und Gesundheitszustand. Verschiedene regionale Ausbrüche stünden außerdem in Zusammenhang mit Festen. „Warum immer noch Feste gefeiert werden, ist mir unverständlich“, so Wieler.

In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur sagten 88 Prozent der Befragten, sie seien mit den beschlossenen Maßnahmen einverstanden. Nur acht Prozent der Deutschen halten die Maßnahmen für überzogen. 83 Prozent sagen, dass sie sich vollständig an die beschlossenen Regeln halten, 12 Prozent zum Teil. Nur zwei Prozent geben an, dass sie die neuen Regeln gar nicht befolgen.


Die Lage in Europa

In Frankreich spitzt sich die Lage immer weiter zu. Das Elsass gilt als Frankreichs Zentrum der Krise. Deutsche Katastrophenmediziner besuchten die Universitätsklinik Straßburg am Montag – und schlugen angesichts der Zustände Alarm. Demnach arbeiten infizierte Mediziner dort weiter mit Corona-Patienten, und über 80-Jährige werden nicht mehr beatmet. Stattdessen erfolge „Sterbebegleitung mit Opiaten und Schlafmitteln“, schreiben die Mitarbeiter des Deutschen Instituts für Katastrophenmedizin in Tübingen in einem Bericht. Sie mahnen noch einmal an, eine optimale Vorbereitung der medizinischen Infrastruktur sei von „allerhöchster Dringlichkeit“.

Aufgrund der dramatischen Zustände hat Präsident Emmanuel Macron nun einen neuen Militäreinsatz angekündigt: Die „Operation Widerstandskraft“ („Résilience“) soll die Bevölkerung in dem von ihm ausgerufenen „Gesundheitskrieg“ gegen das Coronavirus unterstützen. Das erklärte Macron bei einem Besuch im Elsass. Die Armee soll demnach Aufgaben in den Bereichen Gesundheit und Logistik erfüllen und den Schutz sensibler Einrichtungen gewährleisten. Wie viele Soldaten insgesamt für die „Operation Widerstandskraft“ eingesetzt werden, ließ der Staatschef offen. Im Elsass ist die Armee jetzt schon im Einsatz. Dort hat sie ein Lazarett mit 30 Intensivbetten aufgebaut. Dieses soll die überfüllten Krankenhäuser in dem Grenzgebiet zu Deutschland entlasten, insbesondere in den Städten Mülhausen und Straßburg. Aus dem Elsass hatte die Armee zuvor auch Kranke zur Versorgung nach Südfrankreich ausgeflogen.

Zudem ist ein TGV-Hochgeschwindigkeitszug in Straßburg mit Corona-Patienten nach Westfrankreich gestartet. Der Sonderzug bringt 20 Patientinnen und Patienten mit Covid-19 aus Ostfrankreich in die westfranzösische Region Pays de la Loire. In dem TGV würden jeweils vier Patienten in einem Waggon mit medizinischem Personal transportiert, hieß es aus dem Gesundheitsministerium.

Auch Spanien kämpft weiter mit dem Virus. Zwölf Tage nach dem Beginn des Corona-Alarmzustandes sind die Zahlen der bestätigten Fälle und der Toten dort innerhalb von 24 Stunden weiter drastisch gestiegen – trotz strikter Ausgangsbeschränkungen. Bis zum Donnerstagmittag kletterte die Zahl der Infizierten um 8500 auf mehr als 56.000, wie die Gesundheitsbehörden mitteilten. Rund 4000 Menschen starben bisher insgesamt an Covid-19. Viele Krankenhäuser sind völlig überfordert: Das spanische Fernsehen zeigte Bilder von überfüllten Intensivstationen, in denen die Patienten in den Gängen ausharren. Doch die Zahl der als geheilt Entlassenen aus den Krankenhäusern in Madrid gibt Grund zur Hoffnung. Diese lag am Donnerstag bei knapp 3900. Landesweit waren etwa 7000 Menschen wieder gesund. Das spanische Parlament hatte in der Nacht nach einer elfstündigen Sitzung den Antrag der Regierung von Pedro Sánchez gebilligt, die Ausgangsbeschränkungen für die knapp 47 Millionen Spanier bis zum 11. April zu verlängern.

In Italien wachsen derweil die Zweifel an den offiziellen Zahlen zur Ausbreitung des Coronavirus. In Norditalien melden sich immer mehr Politiker und Behördenvertreter zu Wort, die die offiziellen Infektions- und Todeszahlen für viel zu niedrig halten. Italien hat offiziell mehr als 7500 Tote und fast 75.000 nachgewiesene Infektion gemeldet und ist damit das am schwersten von der Pandemie betroffene Land Europas. In die offiziellen Statistiken fließen aber nur Todesfälle in Krankenhäusern und Altenheimen ein.


Die Lage in der Welt

Die Staats- und Regierungschefs der führenden Wirtschaftsmächte haben sich bei einem G20-Videogipfel darauf verständigt, bei der Bekämpfung der Corona-Krise an einem Strang zu ziehen. „Im Zuge unserer gezielten finanzpolitischen und wirtschaftlichen Maßnahmen und Bürgschaften investieren wir mehr als fünf Billionen Dollar in die Weltwirtschaft, um den gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und finanziellen Auswirkungen der Pandemie zu begegnen“, erklärten die G20-Staaten, zu denen unter anderem die USA, China, Russland und auch Deutschland gehören. Die G20 sagten zu, mit internationalen Organisationen wie der Weltgesundheitsorganisation und dem Internationalen Währungsfonds zusammenzuarbeiten, um ein „robustes“ Finanzpaket auf den Weg zu bringen.

Blickt man in die USA, zeigt sich, wie stark die Auswirkungen der Corona-Krise ausfallen können: Denn die Vereinigten Staaten erleben gerade eine nie dagewesene Explosion der Arbeitslosenzahlen. In der vergangenen Woche stellten knapp 3,3 Millionen Amerikaner einen entsprechenden Erstantrag, wie das US-Arbeitsministerium mitteilte. Der bisherige Höchststand wurde 1982 erreicht – mit damals 695.000 Gesuchen. Experten sehen den aktuellen Anstieg als Beleg für eine größere Entlassungswelle. US-Finanzminister Steven Mnuchin sieht die Zahlen zurzeit allerdings als „nicht relevant“ an. Er hoffe, dass die Menschen wieder eingestellt würden, betonte er. Die Coronavirus-Pandemie hat die wirtschaftliche Aktivität in vielen Branchen weitgehend zum Erliegen kommen lassen. Der Senat beschloss deshalb das größte Rettungspaket der US-Geschichte mit einem Umfang von rund zwei Billionen Dollar (rund 1,85 Billionen Euro). Es soll am Freitag in Kraft treten.

Der renommierte US-Epidemiologe Anthony Fauci warnte davor, dass das Coronavirus in Zukunft immer wieder saisonal auftreten könnte. Deshalb müssten dringend ein Impfstoff und wirksame Behandlungsmöglichkeiten entwickelt werden. Fauci ist Leiter des Nationalen Instituts für Allergien und Infektionskrankheiten. Er erklärte, das Virus beginne sich nun auch in der südlichen Erdhalbkugel auszubreiten, wo der Winter anbricht. Sollte es in den südlichen Ländern tatsächlich zu einem „erheblichen Ausbruch“ kommen, müssten die Länder der Nordhalbkugel „darauf vorbereitet sein, dass wir einen zweiten Zyklus haben werden“.


Die Lage an den Börsen

Deutliche Kursgewinne an der Wall Street haben den Dax wieder über die runde Marke von 10.000 Punkten gehievt. Der deutsche Leitindex blieb damit letztlich auf Erholungskurs und stieg am Ende um 1,28 Prozent auf 10.000,96 Punkte, nachdem er am frühen Nachmittag noch um 3,5 Prozent abgesackt war. Von seinem erst Mitte Februar erreichten Rekordhoch bei gut 13.795 Punkten aber ist er immer noch meilenweit entfernt.

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