cor t online.deAus dem Kundenservice der WELT zu Corona vom Vortag, 18

WELT Corona-Update

Hamburg (Weltexpresso) - Am ersten Tag der Lockerung der Corona-Schutzmaßnahmen hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Bürger vor Leichtsinn gewarnt und weiter zu größter Vorsicht aufgerufen. „Wir dürfen uns keine Sekunde in Sicherheit wiegen, (...) sondern wir müssen wachsam und diszipliniert bleiben“, sagte die Kanzlerin nach einer Sitzung des Corona-Krisenkabinetts. Merkel warnte davor, dass andernfalls die Infektionszahlen wieder stark steigen könnten. „Es wäre jammerschade, wenn wir sehenden Auges in einen Rückfall gehen.“

Mit harten Maßnahmen sei viel erreicht worden, und die Reproduktionszahl der Infektionsketten sei unter 1 gedrückt worden. An etlichen Tagen gebe es also mehr Genesene als neu Infizierte. Merkel betonte jedoch, „dass wir am Anfang stehen und noch lange nicht über den Berg sind“. Zudem kündigte die Kanzlerin an, den öffentlichen Gesundheitsdienst weiter zu stärken. So sollen 105 mobile Teams aufgestellt und geschult würden, die helfen sollen, Infektionsketten nachzuvollziehen. An die Regierungschefs der Länder appellierte sie, die Schutzmaßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie nicht zu früh und zu weitgehend zu lockern. Eine Frage, die heute bereits an anderer Stelle diskutiert wurde: So kritisierte die Kanzlerin nach Berichten von Teilnehmern heute morgen in einer Videokonferenz der CDU-Führung die "Öffnungsdiskussionsorgien".

Was es sonst heute noch für Entwicklungen im Kampf gegen Corona in Deutschland und im Rest der Welt gab, haben wir wieder für Sie zusammengefasst. Unsere Kolleginnen vom Audio-Team haben außerdem noch ein paar besondere Stimmen zur Coronakrise eingeholt - und zwar von denen, die in der Öffentlichkeit sonst nicht so viel zu Wort kommen.

Die Lage in Deutschland

Neben der Ansprache der Kanzlerin beschäftigte die Politik heute vor allem erneut die Masken-Frage: Nach Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern führt nun auch Bayern eine Maskenpflicht in Geschäften und im öffentlichen Nahverkehr ein. Von der kommenden Woche an sollen Mund-Nasen-Schutz, Alltagsmasken oder auch Schals Pflicht sein, sagte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) in München. Das werde im gesamten öffentlichen Nahverkehr gelten und in allen Geschäften, die schon jetzt geöffnet haben. In Sachsen muss bereits seit heute beim Einkauf und im Nahverkehr ein Mund-Nasen-Schutz getragen werden, in Mecklenburg-Vorpommern vom 27. April an im Nahverkehr. Nun mehren sich auch in NRW die Rufe nach dem verpflichtenden Schutz beim Einkauf und im Nahverkehr: Die Stadt Münster beschloss heute, dass dort in Läden, auf Märkten und in Bussen vom kommenden Montag (27.4.) an Mund und Nase bedeckt werden müssen.  Auch weitere Städte in Deutschland zogen nach: so auch die Landeshauptstadt Erfurt. Diese will ab Freitag ihre Einwohner zum Tragen eines Mund- und Nasenschutzes verpflichten: Gelten solle das in Geschäften, Bussen, Straßenbahnen, Taxis, im Rathaus und in Bibliotheken, wie ein Stadtsprecher mitteilte. Als zweite Großstadt in Niedersachsen nach Wolfsburg will Braunschweig eine Maskenpflicht ab Samstag einführen, eine zugehörige Verordnung werde derzeit vorbereitet, sagte ein Stadtsprecher. Wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) unter Berufung auf Regierungskreise berichtet, will außerdem die baden-württembergische Landesregierung von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) morgen über eine Maskenpflicht beraten. Überlegungen, in Bussen und Bahnen verpflichtend einen Mund-Nasenschutz einzuführen, gibt es nach Informationen der dpa auch in Berlin.

Zudem können Arbeitnehmer mit Erkältungsbeschwerden sich weiterhin per Telefon vom Arzt krankschreiben lassen. Die entsprechende Sonderregelung sollte heute eigentlich auslaufen – wird nun aber doch noch einmal bis vorerst 4. Mai verlängert, wie der Vorsitzende des dafür zuständigen Gemeinsamen Bundesausschusses im Gesundheitswesen (G-BA), Josef Hecken, mitteilte. An der Entscheidung, die telefonische Krankschreibung auslaufen zu lassen, hatte es massive Kritik von Medizinern gegeben.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn plädierte außerdem dafür, die Corona-Auflagen für Wirtschaft und Öffentlichkeit nur Zug um Zug zu lockern. „Ich denke, es ist richtig jetzt, das Schritt um Schritt und jeweils auch überprüft zu machen, als möglicherweise hinterher in die Situation zu kommen, auch Öffnungsschritte wieder zurückzunehmen“, sagte der CDU-Politiker in Berlin. „Das kann man nicht ausschließen.“ Nach seinem Eindruck habe das schrittweise Vorgehen bei allen Beteiligten und in der Bevölkerung eine sehr hohe Akzeptanz.


Die Lage in Europa

Im stark von der Corona-Pandemie betroffenen Spanien ist die Zahl der seit Beginn des Ausbruchs erfassten Infektionen auf mehr als 200.000 gestiegen. Die Zahl der Neuinfektionen sinkt seit Tagen – sie lag zu Wochenbeginn bei rund 4200, wobei in den nächsten Tagen noch Nachmeldungen vom Wochenende dazukommen könnten, wie die Behörden mitteilten. Auch die Zahl der Todesfälle nimmt ab: In den vergangenen 24 Stunden seien 399 Opfer verzeichnet worden. Anfang April waren es zeitweise noch mehr als 900 Tote täglich.

Während Spanien noch mit den derzeitigen Folgen der Pandemie kämpft, beschäftigen sich einige europäische Länder bereits mit der Frage, wie man mit der Ferienzeit im Sommer umgehen soll – wenn viele Bürger in den Urlaub fahren wollen. So kann sich die österreichische Regierung unter bestimmten Bedingungen eine Öffnung der Grenzen für Sommerurlauber aus Deutschland vorstellen. „Dazu wird es sicherlich Gespräche geben, aber das auch Schritt für Schritt“, sagte Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP). Fortschritte im Tourismus hingen natürlich von der Entwicklung der Corona-Pandemie in Deutschland und Österreich ab. Die Deutschen stellen in Österreich die wichtigste Gruppe unter den Touristen. Die Bundesregierung äußerte sich aber zurückhaltend: „Wir haben jetzt keine Veranlassung im Moment, die Situation an der österreichischen Grenze zu ändern“, sagte ein Sprecher des Innenministeriums.

Der tschechische Präsident Milos Zeman erwägt derweil, die Grenzen seines Landes ein ganzes Jahr geschlossen zu halten. Er empfahl seinen Bürgern, diesen Sommer die Schönheiten des eigenen Landes zu entdecken. Für Auslandsreisen sollten die Staatsgrenzen hingegen ein volles Jahr geschlossen bleiben, „damit keine neue Infektionswelle dadurch hervorgerufen wird, dass Reisende in Länder fahren, in denen die Epidemie noch nicht zu Ende ist“, sagte das Staatsoberhaupt in einem Radiointerview. Der 75-Jährige gilt als wichtiger Meinungsmacher in Tschechien, hat aber offiziell nur repräsentative Befugnisse. Auch Frankreichs Regierungssprecherin Sibeth Ndiaye hat die Bürger beim Buchen des Sommerurlaubs zu Zurückhaltung geraten. „Ich weiß nicht, wo wir in der Entwicklung der Epidemie stehen werden, daher würde ich in dieser Angelegenheit eher zu ein wenig Geduld und Vorsicht aufrufen“, sagte Ndiaye dem Sender Franceinfo.


Die Lage in der Welt

Die Bekämpfung des Coronavirus sorgt in den USA zunehmend für Spannungen zwischen den Bundesstaaten und der Regierung in Washington. Nach Angaben der Johns-Hopkins-Universität gibt es rund 760.000 bestätigte Infektionen mit dem neuartigen Coronavirus – mit Abstand mehr als in jedem anderen Land der Welt. Mehr als 40.000 Menschen starben demnach infolge einer Covid-19-Erkrankung. Nun schaukelt sich der Streit zwischen dem republikanischen US-Präsidenten Trump und einigen Gouverneuren weiter hoch. Trump drängte die Bundesstaaten zu schnellen Tests, um die Einschränkungen für die Wirtschaft und das öffentliche Leben lockern zu können – Tests „sollten eine lokale Angelegenheit“ sein. Doch sowohl republikanische als auch demokratische Gouverneure beklagen einen Mangel an flächendeckenden Tests. Vizepräsident Mike Pence erklärte, jeder Bundesstaat habe dafür die nötigen Mittel. Der Gouverneur von Virginia, Ralph Northam, nannte die Angaben aus Washington „wahnhaft“ und „unverantwortlich“. Unterdessen weiteten sich die von Trump unterstützten Demonstrationen gegen die Ausgangsbeschränkungen aus: In Olympia im Bundesstaat Washington gingen rund 2000 Menschen auf die Straße. Trump verteidigte Teilnehmer solcher Proteste: „Das sind großartige Menschen“, erklärte der US-Präsident. „Sie haben Lagerkoller.“ Trump ist wegen der im November bevorstehenden Präsidentschaftswahl unter Druck. Durch die Corona-Krise verloren in den vergangenen Wochen rund 22 Millionen Amerikaner ihre Jobs. Nach einer Umfrage des Senders NBC und der Zeitung „Wall Street Journal“ zeigen sich nur 44 Prozent zufrieden damit, wie Trump die Corona-Krise managt – 52 Prozent sind unzufrieden.

Auch in Asien gab es erneut kritische Entwicklungen. So hat das für seine Corona-Strategie international beachtete Singapur einen Rückschlag erlitten. Hier wurde heute ein Sprung von 1425 neuen Fällen verzeichnet – der bisher größte an einem Tag. Damit liegt das 5,8 Millionen Einwohner zählende Singapur jetzt mit 8014 bestätigten Fällen an der Spitze in Südostasien. Die meisten neuen Fälle beträfen Bewohner von Unterkünften für ausländische Arbeiter, erklärte das Gesundheitsministerium.

Und in Tokio äußerten sich Experten kritisch angesichts der geplanten Olympia-Austragung 2021. „Um ehrlich zu sein, ich glaube nicht, dass die Olympischen Spiele im kommenden Jahr ausgetragen werden können“, sagte der Professor für Infektionskrankheiten an der Universität Kobe, Kentaro Iwata, bei einer Pressekonferenz. Selbst wenn Japan die Pandemie im kommenden Sommer unter Kontrolle haben sollte, gehe er nicht davon aus, dass dies überall auf der Welt der Fall sein werde, sagte Iwata mit Blick auf Athleten und Zuschauer, die aus aller Welt nach Japan kommen würden. Er halte eine Austragung nur dann für denkbar, wenn diese etwa „ohne Publikum oder mit sehr geringer Beteiligung“ stattfinde.


Die Lage an den Börsen

Nach einem Auf und Ab am deutschen Aktienmarkt hat der Dax im Plus geschlossen. Er schloss 0,47 Prozent höher bei 10.675,90 Punkten. In den kommenden Wochen veröffentlichen die Unternehmen ihre Quartalsberichte. Anleger erhoffen sich dann mehr Klarheit über die Prognosen für den Rest des Jahres.


Und was Hoffnung macht ...

Deutsche Krankenhäuser haben bislang etwa 200 Corona-Patienten aus dem europäischen Ausland aufgenommen. Wie das Bundesgesundheitsministerium mitteilte, liegen derzeit Anfragen für 40 weitere Patienten vor. „Die Behandlungskosten dieser Patienten übernimmt Deutschland, das ist unser Verständnis von europäischer Solidarität“, erklärte Bundesgesundheitsminister Spahn. Die deutschen Kliniken seien bereit und hätten die Kapazität, bei Bedarf weitere Kranke aufzunehmen, fügte er hinzu. Bei den aufgenommenen Patienten handele es sich ausschließlich um Covid-19-Notfälle, für die die Kapazitäten der betreffenden EU-Nachbarländer nicht ausreichten, hieß es.

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