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WELT Corona-Update

Hamburg (Weltexpresso) - Eigentlich hätte heute das Corona-Kabinett der Bundesregierung tagen sollen. Möglicherweise hätte man über weitere Lockerungen beraten - aber dann kam es anders. Die Sitzung wurde überraschend abgesagt und soll nun am Mittwoch nachgeholt werden. Laut Regierungssprecher Seibert war die Sitzung abgesagt worden, weil Themen, die dort zur Beratung anstanden, noch nicht entscheidungsreif gewesen seien. 

Einem Medienbericht zufolge lag die Verschiebung aber auch am Vorstoß des thüringischen Ministerpräsidenten Ramelow. Dieser hatte am Wochenende erklärt, zum 6. Juni alle landesweit gültigen Schutzmaßnahmen in seinem Bundesland aufheben zu wollen - und damit die anderen Landesregierungen ziemlich überfahren (mehr dazu lesen Sie unter "Die Lage in Deutschland"). Es bestehe nun dringender Redebedarf, hieß es aus dem Kanzleramt.

Bundeskanzlerin Merkel bezog über ihren Regierungssprecher Seibert Stellung: Sie sei dafür, dass es zu den zentralen Verhaltensregeln, mit denen viel erreicht worden sei, „verbindliche Anordnungen geben soll und nicht bloß Gebote“. Laut einer Beschlussvorlage will das Bundeskanzleramt die Corona-Kontaktbeschränkungen bis zum 5. Juli verlängern, dabei aber auch weitere Lockerungen ermöglichen. „Bei privaten Zusammenkünften zu Hause in geschlossenen Räumen“ und beim „Aufenthalt im öffentlichen Raum“ sollen sich bis zu zehn Menschen – oder die Angehörigen zweier Hausstände – treffen dürfen, wie aus einem Papier hervorgeht, das verschiedenen Medien vorliegt.

Wie es weitergeht, darüber halten wir Sie wie immer im Corona-Update auf dem Laufenden. Aber mit einem etwas veränderten Rhythmus. Denn auch, wenn wir die die Auswirkungen der Corona-Pandemie jeden Tag weiter spüren, überschlagen sich die Nachrichten nicht mehr täglich, wie am Anfang der Pandemie. Darum möchten wir sie nun kompakter informieren: Jeden Montag und Freitag werden wir Sie im Corona-Update lesen, was wichtig war und wichtig wird, in der Woche und am Wochenende. Danke, dass Sie das Update lesen. Bleiben Sie gesund!
 

Die Lage in Deutschland

Die dominierende Nachricht des Wochenendes war eindeutig der Vorstoß des thüringischen Ministerpräsidenten Ramelow (Linke). Dieser hatte angekündigt, aufgrund der niedrigen Infizierten-Zahlen in seinem Bundesland ab dem 6. Juni die generellen, landesweiten Corona-Schutzmaßnahmen aufzuheben. Stattdessen will er auf regionale Maßnahmen abhängig vom Infektionsgeschehen umschwenken und auf eigenverantwortliches Handeln der Menschen setzen. Daraufhin traf Ramelow eine Welle der Kritik: Von den Grünen, seinem Koalitionspartner, Ministern im eigenen Kabinett, anderen Landesregierungen bis hin zu Politikern im Bundestag von SPD und Union. Ramelow fühlte sich daraufhin missverstanden und erklärte, die Maskenpflicht in Nahverkehr und Geschäften sowie die Abstandsreglungen würden zum Beispiel bleiben. Endgültig über die mögliche Abschaffung der Maßnahmen beraten wird im Dienstag im Kabinett.

Viele fürchten nun ein „Lockerungsdomino“: Denn nach Thüringens Ankündigung zog auch Sachsen nach. Die sächsische Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) erklärte in einem Interview, sollten die Zahlen der Neuinfektionen weiterhin stabil bleiben, plane man ab dem 6. Juni „einen Paradigmenwechsel“. Statt wie bislang allgemeine Beschränkungen zu erlassen und viele Ausnahmen von diesen zu definieren, „wird dann generell alles freigegeben und nur noch das wenige an Ausnahmen benannt, was noch nicht möglich sein wird“, erklärte Köpping.

Ein Punkt, der die Debatte um die Lockerungen ebenfalls beeinflusst, sind die neuen Infektionsgeschehen: In einem Schlachthof an der Grenze zu den Niederlanden haben sich mindestens 147 Menschen mit dem Virus infiziert, 79 davon leben in Deutschland. Bei einem Gottesdienst in Frankfurt steckten sich mindestens 107 Besucher an, in einem Restaurant in Leer steckten sich mindestens 14 Menschen an - mehr als 133 Personen mussten in häusliche Quarantäne.


Die Lage in Europa

In Großbritannien drehte sich dieses Wochenende alles um Dominic Cummings, den Chefberater des britischen Premierministers Boris Johnson. Cummings wird vorgeworfen, mit seiner Fahrt zu Familienangehörigen ins rund 430 Kilometer entfernte Durham gegen Ausgangsbeschränkungen verstoßen zu haben - und damit gegen die Regeln der eigenen Regierung. Premier Johnson hatte sich am Sonntag schützend vor den Chefberater gestellt, doch war er dadurch selbst in die Kritik geraten. Nun werden Forderungen nach Cummings' Rücktritt immer lauter. Kritiker fürchten, der Wahlkampfstratege könnte das Vertrauen in die Regierung irreparabel beschädigt haben. Denn: In Großbritannien sind bis Montag mehr als 36.000 Corona-Infizierte gestorben. Was macht es für einen Eindruck, wenn sich dann der Chefberater des Premiers nicht an die Regeln hält?

Am Mittwoch werden dafür die Blicke nach Brüssel gerichtet. Dann will EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen einen Rettungsplan von mindestens einer Billion Euro vorstellen. Seit Wochen feilt die EU-Kommission an einem riesigen Konjunkturpaket gegen die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise. Damit sollen laut von der Leyen für einige Jahre die EU-Länder mit „dem größten Bedarf“ unterstützt werden. Vorgesehen sind eine Mischung aus Zuschüssen, die nicht zurückgezahlt werden müssen, und Krediten, die insbesondere private Investitionen ankurbeln sollen. Merkel und der französische Präsident Macron hatten einen Vorschlag unterbreitet, in den kommenden Jahren 500 Milliarden Euro als Zuschüsse über den EU-Haushalt für die „am stärksten getroffenen Sektoren und Regionen“ bereitzustellen. Die "sparsamen Vier" (Österreich, Dänemark, Niederlande und Schweden) lehnen aber „jegliche Vergemeinschaftung von Schulden“ ab. Statt Zuschüsse wollen sie befristet auf zwei Jahre nur Kredite vergeben. Es wird also spannend.


Die Lage in der Welt

Brasilien hat sich in den vergangenen Wochen zum zentralen Krisenherd der Pandemie in Südamerika entwickelt. Mit fast 350.000 registrierten Corona-Fällen weist das Land nach den USA weltweit die zweitmeisten Infektionen auf. Mehr als 22.000 Todesopfer der Pandemie wurden verzeichnet. Experten gehen davon aus, dass die Dunkelziffer weitaus höher liegt, weil vergleichsweise wenig getestet wird. Präsident Bolsonaro interessiert das wenig. Ungeachtet der rasant steigenden Zahl der Infektionen verstößt Präsident Jair Bolsonaro bei seinen öffentlichen Auftritten weiterhin gegen die Abstandsregeln und die Hygienevorgaben. Am Sonntag suchte er die Nähe zu seinen Anhängern, die sich vor dem Präsidentenpalast in Brasília versammelt hatten. Der rechtspopulistische Politiker gab mehreren Demonstranten die Hand und umarmte einige von ihnen. Die Atemmaske, die er anfangs trug, hatte er da schon abgesetzt.

Die US-Regierung hat mittlerweile weitgehende Einreisebeschränkungen für Menschen aus dem südamerikanischen Land erlassen. Denn die USA stehen kurz davor, die Marke von 100.000 Corona-Toten zu überschreiten. US-Präsident Trump sorgte für Kritik, weil er am Samstag und Sonntag wieder golfen ging – und dann twitterte: „Fälle, Zahlen und Todesfälle gehen im ganzen Land zurück!“ Er treibt die Wiedereröffnung der Wirtschaft mit Nachdruck voran, obwohl Experten weiter zu Vorsicht raten. Die Vorbildwirkung des Präsidenten ist fraglich: Am Sonntag gingen Bilder von überfüllten Stränden in den USA um die Welt. Das um den Feiertag "Memorial Day" am Montag verlängerte Wochenende lockte viele Menschen ans Wasser. Polizisten und Strandwärter versuchten sicherzustellen, dass Menschen Abstand zueinander hielten, während sie sich im Strand, in Parks und auf anderen Freizeitflächen sonnten. Die Behörden sprachen Warnungen aus. Doch die Bilder sprachen für sich.


Die Lage an den Börsen

Mit einem Sprung auf schließlich 11.391 Punkte und damit das höchste Niveau seit Anfang März hat der Dax am Montag an seine starke Vorwoche angeknüpft. Aktuelle Daten des Münchner Ifo-Instituts halfen dem deutschen Leitindex zunächst über die Marke von 11.200 Punkten, an der er sich in der Vorwoche noch schwer getan hatte. Das vom Ifo-Institut erhobene Geschäftsklima war im Mai um 5,3 Punkte auf 79,5 Zähler gestiegen, etwas mehr als von Analysten erwartet.


Und was Hoffnung macht ...

Eine 45-jährige Covid-19-Patientin wäre beinahe aufgrund schweren Lungenversagens gestorben – doch sie konnte gerettet werden. Denn den Ärzten an der Medizinischen Universität Wien ist bei ihr die erste Lungentransplantation bei einem Coronafall in Europa gelungen. „Aus unserer Sicht geht es ihr jetzt hervorragend“, sagte Klinikleiter Walter Klepetko nach dem Eingriff. Die Transplantation erfolgte bereits vor einer Woche. Die Patientin war nach Informationen der Medizinischen Universität ohne Vorerkrankungen. Doch bald habe sich der Zustand der Frau so sehr verschlechtert, dass sie beatmet werden musste. „Die Lage war aussichtslos. Die Lunge war wie ein Klotz, da war nichts mehr über“, erklärte Klepetko.

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