see br.deEine Hausfrau schreibt Bundesinnenminister Horst Seehofer

Adele Hübner-Neuwerk

Insel Neuwerk (Weltexpresso) - Sehr geehrter Herr Seehofer, was die junge Frau da in der Berliner Tagesszeitung über die Polizei  geschrieben hat, hätte Sie doch nicht aufregen dürfen, Sie haben doch ein weites Herz. Als junge Frau war ich mit einem Polizisten befreundet, den ich auf Neuwerk als Sommergast kennen gelernt hatte. Mein Vater hat das nicht gern gesehen, aber das war mir egal.

Ich komme drauf ,weil mir mein Freund damals erzählte, dass man als Polizist höllisch aufpassen müsste, nicht selber so zu werden wie die Leute, mit denen man jeden Tag von Berufs wegen zu tun hatte, weil sie irgendwas verbrochen hatten, Diebstahl, Schlägerei im Suff und solche Sachen. Schon wie die untereinander redeten, das hätte mit der Zeit abgefärbt. Seine Mutter hätte mal gesagt, Heinz, wie redest du eigentlich mit mir. Solche Ausdrücke hast du früher nicht benutzt.

Was ich sagen will, ist Folgendes: Mit der Zeit gehen Polizisten auch mit ganz unschuldigen  Leuten derb um, weil sie es so gewöhnt sind. Vielleicht würden die anderen sie auch gar nicht verstehen, wenn sie sich normal ausdrücken würden. Es kann auch sein, dass Polizisten sich damit selber schützen wollen. Mein Freund war ein ganz Lieber. Aber wenn sich mal einer in einem Lokal schlecht aufgeführt hat, da wurde er, sagen wir mal, ziemlich förmlich. Dann geht es meistens ganz schnell. Sie wissen ja: Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus.

Sehr geehrter Herr Minister! Wenn ich im Fernsehen Polizisten bei Demonstrationen sehe, bekomme ich manchmal direkt Angst. So als wären sie im Krieg. Da fliegen dann schnell Steine oder Flaschen. Dass deutsche Polizisten vor Demonstranten auf die Knie gehen, so wie jetzt in Amerika, um denen zu zeigen, dass sie auf ihrer Seite sind, das kann ich mir nicht vorstellen. Das hat nur einer wie Willy Brandt fertig gebracht, als er vor dem Denkmal für die Opfer des Warschauer Gettoaufstandes niedergekniet ist. Aber das ist ein anderes Thema.

Wie sich die Frau in der Berliner Tageszeitung ausgedrückt hat, das geht natürlich nicht. Man konnte das ja überall nachlesen. Polizisten als menschlichen Abfall zu bezeichnen, der sonst nirgendwo zu gebrauchen wäre, das lässt sich nicht mit schlechten Lebenserfahrungen erklären, sondern allenfalls mit einer schlechten Kinderstube. Auch das ist wieder ein Thema für sich und hat nichts mit Geld zu tun. In der Pubertät drehen Kinder manchmal durch. Damit wollen sie auf sich aufmerksam machen und in der Regel klappt das auch. So geht das später weiter.

Erst wenn irgendwo die Scheiben klirren, werden manche wach. Das wusste schon Luther, der immer wieder auch ganz schön vom Leder gezogen hat. Ob das die Absicht der Berliner Journalistin war, bezweifle ich. Auch Provozieren will gelernt sein. Ihre Wortwahl spricht dafür, dass sie etwas nicht zu Ende gedacht hat, nämlich wie man mit Angehörigen einer bestimmten Berufsgruppe oder eines bestimmten Volkes umgeht. Pauschale Ausgrenzung darf es nicht geben, nicht bei uns und nicht bei anderen, weder von oben noch von unten. Ich denke, dass Sie, sehr geehrter Herr Minister, darin mit mir übereinstimmen. In diesem Sinne verbleibe ich die Ihnen trotzdem gewogene
Adele Hübner-Neuwerk

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