Heinz Markert
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Es ist schon seltsam, dass Leuten, denen ein in der Zeit begrenztes Leben beschert ist, ihr Leben an viele Abermillionen binden, die sie niemals im Rahmen ihrer Eigensucht sinnvoll anlegen und der persönlichen Wirklichkeit zuführen können.
Es sei denn in Wahngebilden zum Schaden anderer, z.B. in Mieten von überteuerten Wohnungen; womit sich die Katz in den Schwanz beißt und sich ein schlechter Nachgeschmack einstellt, der dann auch wieder getilgt werden muss - mit weiteren Fehlleistungen und Verirrungen, wie z.B. Flundern von dicken und breiten Autos. Im Frankfurter Bankenviertel übertrifft man sich hierin minütlich. Innerhalb von 20 Minuten lassen sich vorm Cafe Wacker drei Kfz-Kennzeichen notieren. Aber so wird das Spiel der Kräfte einer fortbestehenden Vorzeit (=Vorgeschichte, nach Karl Marx) eben gespielt.
Die CDU steht zu dieser, denn sie ist die Christpartei des großen Portemonnaies. Das braucht keine Aufrührer im Tempel des Herrn. Es lacht ihr das Herz, wenn sie ihren staubtrockenen Klienteln sklavisch dienen darf, um sich ihnen dann zugehörig fühlen zu dürfen. So entstehen unablässig Peinlichkeiten die, aus einem wachen Sinn beschaut, auf Sand und Staub gebaut sind und gesellschaftspolitisch Verheerung stiften. Man muss die geistlosen Machwerke der zeitgenössischen Architektur der modernen menschlichen Krudheit zurechnen. Daraus lässt sich ablesen, Hochkultur ist eben nicht mehr.
Der sonderbare, immer wieder zu beobachtende Effekt ist, dass je mehr die Krisensymptome anwachsen, auch die gegenläufigen Notierungen auf dem Parkett zeitlich versetzt geradezu nach oben schnellen. Dazu gibt die alte Natur ihren Teil, weil die Spanne nach dem Gesetz einer ausgleichenden Überkompensation und Gerechtigkeit gestreckt werden muss. Die Corona-Pandemie hat die Börsenwerte runterrasseln lassen. Das riss auch die seriösen Werte unvermittelt nach unten. Nun aber zeigte sich, wie üblich, dass die vormals Besten tatsächlich noch über ihre vorherige Benotung hinausgeschossen sind. Und wieder mal haben die auf der Sonnenseite die besten Gewinne eingefahren. Jedoch, nicht jede gute Bewertung muss sich endlos halten. Die vorsehende Natur könnte ihnen den großen Strich durch die Rechnung machen.
Brave Evolution - ein jegliches Milieu zeugt seine Antipoden
Ach heilige, hehre Natur, wie bist Du doch vortrefflich ausgleichend. Im vergangenen Monat druckte die FR ein Interview von Maximilian Beer mit dem Millionär Ralph Suikat ab. Dieser fordert darin höhere Steuern für Reiche. Wir möchten mit der schier krank- wie dauerhaft umstrittenen Vermögenssteuer beginnen, um deren Wiedereinrichtung schon lange ein Glaubenskrieg tobt, weil die furchtbaren Affekte dieses täglich sich wieder neu in die Welt gebären müssenden Mängelwesens Mensch – meistens männlich - unnachahmlich nachzittern, als ob es sich um Heil und Erlösung oder Fall und Sturz handelte. Schon als die Vermögenssteuer aus rein rechtlichen Gründen ausgesetzt wurde – die Richter gaben der Politik zur Aufgabe, sie rechtlich so auszugestalten, dass sie nicht wieder neu beklagt werden könne - gab es Leute, die auch strikt sich gegen diese Steuer aussprachen, obwohl sie mangels Vermögen ihr gar nicht unterliegen würden. Das lag damals im Trend der Kohl- und Schröder-Zeit. Hausfrauen und ewige Studenten hatten als Day-Trader am Bildschirm zu zocken angefangen und glaubten ihre Reichtümer quasi schon in der Tasche zu haben. Ein neues Zeitalter schien angebrochen. Nach Jahren aber zeigte sich, dass sie sich bös verkalkuliert hatten. Jetzt sind sie auf Unterstützung vom Amt angewiesen und erhalten Transfers.
Gib ab, denn auch Du musst die Löffel dereinst abgeben
Schon allein wegen des angedeuteten Effekts der Überkompensation auf der Gewinnerseite ist die Vermögenssteuer immer und überall gerechtfertigt. Sie braucht nicht überzogen zu werden. Was auch für die Erbschaftsteuer gälte, die einen familiären Freibetrag aufweist. Firmen aber machen gegen diese Steuer Front, indem sie auf angeblich dann drohende Arbeitsplatzverluste verweisen, die aber von ihnen selbst durch Fehlpolitik vorbereitet wurden oder eingeplant waren - aus Wut gegen den Wandel.
Zur Zeit des Steuersongs um 2002 unter Gerhard Schröders Regentschaft begab es sich auf einem Familientreffen, dass die Schwester plötzlich meinte: Ach, ich hätte nichts gegen eine Vermögenssteuer. Da ging mir ein Licht auf und ich dachte sofort: huch, die tickt ja wie ich. In diesem Moment wurde mir die Einsicht vermittelt: keine Rechnerei oder Überschlagerei ist dafür verantwortlich, dass in diese oder jene Richtung entschieden wird. Es ist allein die Persönlichkeit, die ohne Zögern für das Pro oder Contra entscheidet. An einer Vermögenssteuer sollten sich alle Klassen und Schichten beteiligen, abzüglich jenes Drittels, das zu den Geleimten von Gerhard Schröders Umverteilungspolitik von oben nach unten zählt. Aus vielen kleinen und kleineren Beträgen wird ein großer, der zur Finanzierung einer besseren Bildung und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie durch zusätzliche Betreuung in den verschiedenen Lebenskreisen oder zur Finanzierung von bezahlbaren guten Wohnungen dient. Also zur Finanzierung von Gemeinschaftsaufgaben. Sogar ein Assistent von Friedrich Merz hatte mir das mal in einem Schreiben goutiert. Auf die Kompensation in der Bildung insbesondere kommt es vor allem an, wie jetzt die gesamte Gesellschaft geschnallt hat.
Bitte keine milden Gaben nach Gutsherrenart
Der Millionär Suikat bemängelt, dass es in Deutschland zu wenig Transparenz über die Vermögenden gebe, im Gegensatz zu den immer mit Argusaugen beobachteten Hartz-IV-Empfänger*innen. Daher hat er sich mit einem offenen Brief unter dem Schlagwort „Erben ist keine Leistung“ zusammen mit 83 Millionären aus sieben Ländern an die Öffentlichkeit gewendet. Alle diese begreifen sich als ‚Millionairs for Humanity‘. Die Folgen der Cornona-Krise hätten, so Suikat, im gemeinsamen Vorgehen eine mithin auslösende Rolle gespielt, um die Dringlichkeit der Einführung zu untermauern. Er kritisiert auch, dass beim Pflegepersonal die klinischen Pflegekräfte ausgespart worden seien. Auch ist die Einkommenskluft für ihn von einer Ungeheuerlichkeit, indem Dax-Vorstände „zehn Millionen im Jahr machen, während eine Krankenschwester 38 000 Euro verdient“. Ein Einkommen, das übrigens neben der großen Masse noch viel schmälerer, die sich Gerhard Schröder an sein Sündenregister zu heften hat, noch zu den besser gestellten zählt.
Der aktuell an die Öffentlichkeit getretene Millionär hatte schon nicht gerade wenige Vorgänger. Erinnert sei an den geschäftsführenden Gesellschafter von Liqui Moly, Ernst Prost und Peter Krämer, den Hamburger Reeder und Millionär, der sich dafür ausspricht, die Steuern ‚für Privatvermögen‘ von 0,6 auf ein Prozent zu erhöhen. Angela Merkel aber betreibe "Klientel-Politik der FDP", verbreitete das Hamburger Abendblatt vom 13.06.2010, unmittelbar unter der Schlagzeile.
Stets auch werde wiederholt darauf abgestellt, so Suikat, dass wir in einer Leistungsgesellschaft lebten, durch die Vermögen entstünde. Tatsächlich aber entstehe Vermögen gerade durch Erben, es werde ohne Leistung durch schlichten Erbvorgang selbst weitergereicht. Ralph Sukat stellt auch infrage, ob jemand 100 Millionen Euro an Vermögen überhaupt beanspruchen dürfe. Denn dieses Geld mehre sich dauerhaft und weitgehend anstrengungslos durch die Leistung und Anstrengung, die andere erbringen. Und überhaupt habe eine Finanzelite es geschafft, die Politik in ihrem Sinne zu steuern. Bewusst aber könne mit Geld die Welt durchaus zum Guten gestaltet werden, Luxus, hoher Privatkonsum und Investments in Rüstungsgeschäfte hingegen sind schändlich kontraproduktiv, während Investitionen in regenerative Energien aus verantwortungsvoller Hand kommen. Spenden dürften keine milde Gabe sein, sondern sollten als Notwendigkeit begriffen werden.
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Info:
Warum dieser Millionär höhere Steuern für Reiche fordert‘, FR 17.07.2020