Bildschirmfoto 2020 09 18 um 23.23.06Skandale bei Polizei und Verfassungsschutz nehmen kein Ende

Kurt Nelhiebel

Bremen (Weltexpresso) -  Was muss eigentlich noch passieren, bis etwas passiert, fragt man sich angesichts der Kette von Skandalen bei Polizei und Verfassungsschutz. Als die SPD-Vorsitzende Saskia Esken im Juni vor einem latenten Rassismus in den Reihen der deutschen Polizei gewarnt hat, wollten manche nichts davon hören.

Die Politikerin verlangte eine unabhängige Stelle, die entsprechenden Beschwerden nachgehe. Für Rassisten und Rechtsextremisten dürfe es in der Polizei keinen Platz geben. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, polizeilicher Korpsgeist spiele eine größere Rolle als die Rechte von Bürgerinnen und Bürgen. Obwohl Esken betonte hatte, dass die große Mehrheit der Polizeibediensteten solchen Tendenzen sehr kritisch gegenüber stehe und unter dem potenziellen Vertrauensverlust leide, wurde sie massiv angegriffen. Die Polizei brauche keine verbalen Backpfeifen von Frau Esken, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Bundespolizei, Sven Hüber. Auch der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, wies die Vorwürfe zurück.

Bundesinnenminister Seehofer lehnte die Forderung nach einer Studie über den inneren Zustand der Polizei entschieden ab und hielt daran auch fest, als jetzt in Nordrhein-Westfalen ein rechtsextremes Netzwerk  aufflog, das in fünf Chatgruppen jahrelang übelste rechtsextreme Hetze betrieben hatte.  Entsetzt sprach NRW-Innenminister Reul (CDU) von einer „Schande für die Polizei“. 23 Männer und sechs Frauen wurden suspendiert. Es handle sich um „übelste und widerwärtigste neonazistische, rassistische und flüchtlingsfeindliche Hetze, sagte Reul. Zwar gebe es kein strukturelles Problem, aber er könne nicht mehr von Einzelfällen sprechen. Nach seinen Worten fügt sich der Skandal in eine Reihe ähnlicher Vorfälle in anderen Bundesländern ein. „Das trifft die Polizei bis ins Mark.“

Und all das einen Tag nachdem Bundeskanzlerin Merkel anlässlich des 70jährigen Bestehens des Zentralrates der Juden den aktuellen Antisemitismus verurteilt und Bundespräsident Steinmeier bei anderer Gelegenheit vor einem Verdrängen der deutschen NS-Verbrechen gewarnt und gefordert hatte, dass wir „keinen Schlussstrich ziehen und nicht zurückfallen dürfen in das alte Verdrängen“. So als ob all das nicht reichte, um einen Gänsehaut zu bekommen, stellte sich zeitgleich heraus, dass der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Haldenwang, einen Leibwächter beschäftigte, der bei seiner Einstellung der rechtsradikalen paramilitärischen Gruppierung „Uniter“ angehört haben soll.. In dieser Position hatte der Mann auch Einblick in das Privatleben des Präsidenten und anderer Spitzenbeamter so wie deren familiäres Umfeld.

Sicherheitskreise sprachen von einer schweren Panne. Ein Regierungsbeamter  äußerte nach Angaben des Nachrichtenmagazins FOCUS die Befürchtung, dass möglicherweise auch sensible Informationen an die rechtsradikale Organisation abgeflossen seien, der viele rechtsgesinnte Polizisten und Soldaten aus Spezialeinheiten angehören. Dem Vernehmen nach soll „Ubiter“ im Verbund mit rechtsradikalen Chatgruppen Todeslisten politischer Gegner erstellt und geheime Waffendepots angelegt haben. Das Bundesamt selbst hatte „Uniter“ im Juni von einem Prüffall zu einem Verdachtsfall hochgestuft. Da fragt man sich schon, ob dort die linke Hand weiß, was die rechte tut, zumal da Haldenwangs Vorgänger Maaßen sich nicht zu schade war, die AfD heimlich zu beraten, wie sie einer Überwachung durch den Verfassungsschutz am besten entgeht. Was muss eigentlich noch passieren, bis was passiert? Wie viel  Böcke als Gärtner erträgt dieses Land?

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