Bildschirmfoto 2020 11 24 um 23.23.24Drei Wochen nach den Wahlen beugt sich Donald Trump der Realität. Sein Nachfolger signalisiert derweil Ziele und Schwerpunkte

Andreas Mink

Im Lauf des gestrigen Nachmittags wurde das Ende der Trump-Ära absehbar. Zunächst sickerte aus dem Weißen Haus durch, dass der Secret Service einen Umzug Trumps und seiner Familie nach Mar A Lago vorbereitet. Der Resort-Club wird anscheinend derzeit renoviert, um Trump als permanenter Wohnsitz zu dienen. Hier droht ihm bereits ein Konflikt mit den Behörden im Landkreis Palm Beach, die Mar A Lago nicht als Privatresidenz einstufen.

Wichtiger ist indes die Nachricht über eine Kurskorrektur der «General Services Administration» (GSA). Das Amt ist für die Regelung eines Machtwechsels verantwortlich und hat anhin keinerlei Massnahmen für die Einleitung der Biden-Präsidentschaft abgelehnt. Doch nun lenkt GSA-Chefin Emily Murphy ein. Die Trump-Getreue will fortan Geheimdienst-Briefings für Biden und dessen Team gestatten.

Der zukünftige Präsident demonstriert derweil Entscheidungsfreude und stellt Zug um Zug Nominationen für sein Kabinett und Top-Berater vor. Biden setzt dabei auf langjährige Wegbegleiter und kompetente Persönlichkeiten aus seiner Partei, die wie er eher im politischen Zentrum stehen. Darunter sind zahlreiche Angehörige der Obama-Regierung. Bemerkenswert ist zudem die hohe Zahl von Kabinetts-Mitgliedern und Kader jüdischer Herkunft.

Wie hier bereits vermeldet, soll Ron Klain Stabschef im Weissen Haus werden. Biden hat heute zudem die Nominierung der ehemaligen Notenbank-Chefin Janet Yellen als Finanzministerin offiziell gemacht. International weniger bekannt ist der 60-jährige Alejandro Mayorkas, der ebenfalls jüdischer Herkunft ist und auf Kuba geboren wurde. Mayorkas hat eine imponierende Karriere als Staatsanwalt, Leiter der Immigrations-Behörde ICE und Anwalt bei der renommierten Kanzlei Wilmer, Hale absolviert. Biden will ihm das Heimatschutz-Ministerium und damit die zweitgrößte Behörde nach dem Pentagon anvertrauen.

Eine Entscheidung Bidens über die Führung des Verteidigungs-Ministeriums steht noch aus. Doch seine Wahl des Außenministers war keine Überraschung: Biden setzt hier mit dem 59-jährigen Antony Blinken auf einen Vertrauten mit tiefer Erfahrung in der internationalen Politik. Blinken gehört einer prominenten, jüdischen Familie an. Der Vater Donald Blinken war Mitgründer der Investmentbank E.M. Warburg Pincus. Blinkens Mutter heiratete später den in Paris lebenden Anwalt und Politik-Berater Samuel Pisar und wurde damit Halbbruder der im Dialog der Religionen und Kulturen engagierten Leah Pisar.

Blinken gilt als Freund Israels. Seine Nominierung stiess dort und beim Jüdischen Weltkongress auf positive Resonanz. WJC-Präsident Ronald Lauder bezeichnete Blinken in einem offiziellen Erklärung als persönlichen Freund und «Mann von profunder Integrität, kompromissloser, moralischer Klarheit und einem umfassenden Zugriff auf die komplexen Herausforderungen unserer Nation auf der Weltbühne. Besonders gut versteht er das Gift des Antisemitismus, den er entschieden und klarsichtig bekämpfen wird».

Daneben hat Biden den ex-Aussenminister John Kerry zu seinem Beauftragten für die Klima-Politik ernannt. Er demonstriert mit dieser Wahl eines international renommierten Staatsmannes politisches Geschick: Der Kampf gegen den Klimawandel ist Biden wichtig – soll aber nicht unter Regie einer jüngeren und radikaleren Persönlichkeit aus dem linken Parteiflügel geführt werden.


Foto:
Der neue Aussenminister Antony Blinken (Mitte)
© tachles

Info:
Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 24. November 2020