Heinz Markert
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Mit den Jahren muss einer sich doch noch letzter Illusionen entschlagen. Denn nun gelangten rechtsaffine Gruppierungen der hilfsbereiten Feuerwehr unter Verdacht, sich zu rechten Umtrieben zu verstehen.
Oder könnte das in deren Sozialgruppen-DNA eingeschrieben sein? Wie dem auch sei, am 7. Oktober wurde kommuniziert, dass AfD-Landeschef Björn Höcke auf der Verbandsversammlung des Thüringer Landesfeuerwehrverbands den versammelten Feuerwehrleuten versprach, dass seine Fraktion „fest an der Seite der Feuerwehr steht“. Das war rechtfertigend auch im Hinblick auch auf Hitlerbilder im Chat der Bremer Berufsfeuerwehr im Rahmen deren Chatgruppe gemeint. Sie hatte jahrelang rechtsextreme Bilder und Texte ausgetauscht.
Verhängnisvolle Traditionen leben fort
In unserem Beitrag zum Gedenken am 9. November 1938 hat Salomon Korn, Vorstand der Jüdischen Gemeinde Frankfurt am Main, auf den Tatbestand hingewiesen, dass die mit dem Naziregime verbündete und gleichgeschaltete Feuerwehr sich in der Brandnacht zum willigen Erfüllungsgehilfen der Zerstörung der Synagogen gemacht habe. Er sprach von einem Meisterstück der Zerstörung bei der immer punktgenauen Absicherung umstehender Gebäude um die jeweilige Synagoge herum bei gleichzeitiger Beförderung des Brandschatzungswerks durch die „feuerlegenden Schwerverbrecher“ des Nazismus.
Die Anzahl der neuerlich degoutanten Meldungen hat erhebliche Kreise gezogen, aber mittlerweile wurde es wieder still um die mehr als skandalösen Taten. Offenbar wurde hiermit ins Wespennest einer unrühmlichen Tradition gestochen. Es sind - das Bremer Szenarium betreffend - ganze Serien von verbalen Exzessen verzeichnet. Der Bremer Innensenator Ulrich Mäurer hatte den Hauptbeschuldigten zwar suspendiert. Aber die Affäre köchelt weiter, es kommt immer mehr ans Tageslicht.
Es sind nicht nur dumme Jungs
Es wurden nicht nur Hitlerbilder mit einem Smiley versehen, sondern auch Hakenkreuze und menschenfeindliche Parolen und Witze über Flüchtlinge verschickt. Zudem soll es zu Vorgängen von Mobbing und Diskriminierung gekommen sein, unter anderem gegen eine lesbische Feuerwehrkameradin und vorzugsweise gegen jene mit ausländischen Wurzeln. Auch Vergewaltigungs- und Prügelfantasien in Bezug auf MigrantInnen sollen darunter gewesen sein.
Zeugen zufolge soll Feuerwehrchef Karl Heinz Knorr diese Vorgänge unter der Decke zu halten versucht haben, statt ihnen nachzugehen und sie zu ahnden. Angeblich macht er sich das mittlerweile selbst zum Vorwurf. Infolgedessen wurde Knorr schon seit Monaten für andere Aufgaben eingesetzt. Auch ermittelt inzwischen der Staats- und Verfassungsschutz zu den personellen Strukturen von Feuerwehr-Rechtsextremismus. Dem Bremer Innensenator Ulrich Mäurer liegen Dokumente, Bilder und sogar Tondokumente aus dem rechten „Hardcore-Bereich, die übelsten Sachen...widerwärtig und abstoßend“ vor.
Übel, dass ein psychotischer Rechtsextremist auch vor der Feuerwehrjugend Erfurt posierend gesehen wurde und dies noch in Anwesenheit der gesamten Führungsriege des Bundes-Feuerwehrverbandes. Der Landeschef des Feuerwehrverbandes NRW Jan Heinisch meint: „Das darf nicht sein“. Höcke hätte die Bühne nicht für sich selbst nutzen dürfen. Der neue Thüringer Verbandsvorsitzende aber wies die Kritik zurück.
Das nahende Weihnachtsfest erinnert sogleich wieder an den Fall des womöglich sonst ganz netten und umgänglichen Dresdner Stollenbäckers ‚Reimann‘, der vor gut einem Jahr damit konfontiert wurde, dass er an einen rechtsradikalen Verein spendete (wir berichteten). Der deutsche Osten ist halt nun mal eine Problemzone, weswegen es einen nicht in diese Regionen hinzieht. Der West-Einzelhandel zeigt auffällig, dass sich die Supermärkte von Reimann zurückgezogen haben. Es gibt nur noch den kleinen Stollen zu kaufen, aber in auffällig geringer Zahl.
Das Männerbündische als Ausdruck der Männlichkeitskrise
Das entstandene Problem ist aber nun mal wieder auch das frustrierter Männerbünde, die sich ihrer Männlichkeit unklar und daher unsicher sind, so dass sie meinen, sie hätten das Sonderrecht sich mit phantasierter und auszuübender Gewalt den angeblich urmännlichen Kick herbeiholen zu dürfen, wozu sie als Herren der Schöpfung verpflichtet wären. Das vermeintliche Eigene abgrenzen und überhöhen, das Andere aber ausgrenzen und abwerten, gegen null, damit wieder Ruhe im männlichen Karton herrscht.
Klar war schon immer, dass die Entscheidung für den Polizeidienst tendenziell mit einer Überhöhung von Ordnung korrespondiert, indessen für die menschliche Freiheit herzlich wenig Verständnis aufgebracht wird. Wobei evident ist, dass auch diese punktuell scheitern kann. An der Schwelle zur Postmoderne – die immer noch eine Moderne ist - ist offenbar ein weiteres Problem der Männlichkeit entstanden, das Diagnose und Behandlung verlangt. Leider fällt es dem männlichen Wesen schwer, sich kritisch auf sich selbst rück zu beziehen. Wer bedenkenlos unkritisch auf Ordnung setzt, hat nicht nur ein Problem mit der Freiheit, er hat auch ein Problem mit der überwiegend männlichen Rechtsauslegerei.
Unzweifelhaft, dass auch die Feuerwehr ein bislang nicht genügend bedachtes Problem mit ihrer prekären Bindung an den Geist der Menschenwürde hat, die nicht diskutierbar ist.
Foto:
Bremer Innensenator Ulrich Mäurer
© t-online.de
Unzweifelhaft, dass auch die Feuerwehr ein bislang nicht genügend bedachtes Problem mit ihrer prekären Bindung an den Geist der Menschenwürde hat, die nicht diskutierbar ist.
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Bremer Innensenator Ulrich Mäurer
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