Bildschirmfoto 2021 01 10 um 19.34.18USA Politik des Noch-Präsidenten

Andreas Mink

New York (Weltexpresso) - Der US-Präsident gesteht erstmals Wahlniederlage ein. Zudem wurde bekannt, dass der Sohn eines prominenten jüdischen Juristen aus Brooklyn am Sturm auf das Kapitol teilgenommen hat.

Donnerstagabend hat Twitter die Sperre des Kontos von Donald Trump aufgehoben. Wenig später stellte der US-Präsident gegen 19.22 Uhr Ortszeit ein zweiminütiges Video auf die Plattform. Dabei schlägt Trump unversehens ganz neue Töne an. Er verurteilt den Sturm der von ihm über Wochen mit Lügen und Verschwörungs-Theorien über einen Wahlbetrug aufgehetzten Anhänger auf das Kapitol am Mittwochnachmittag. Nun sei die Zeit für eine Heilung und Einheit der Nation gekommen. Trump log zwar erneut über die angeblich von ihm unverzüglich angeordnete Entsendung der Nationalgarde an das Kapitol. Dies hat er am Mittwoch verweigert. Erst sein Vize Mike Pence ließ dann die Räumung des Kongress-Gebäudes einleiten.

Trump nahm zudem den Vorwurf des Wahlbetrugs insoweit zurück, dass er eine Fokussierung auf die Reform des Wahlrechtes ankündigte, welches so viel Unmut gestiftet habe. Dann bedankte er sich bei seinen «wunderbaren Anhängern» und kündigte an, er wolle die Lage im Lande beruhigen und die Macht regelgemäß an Joe Biden übergeben. Der neue Präsident soll am 20. Januar vereidigt werden. Abschließend kündigte er eine weitere Präsenz in der Öffentlichkeit nach dem Machtwechsel und versprach seiner Gefolgschaft: «Ihr sollt wissen, dass unsere unglaubliche Reise gerade erst beginnt».

Beobachter erklärten den frappierenden Kurswechsel zunächst mit einer Furcht Trumps vor juristischen Konsequenzen seiner Hetz-Kampagne gegen das Wahlergebnis, die eigene Partei und die Regeln und Institutionen der amerikanischen Demokratie: Berater sollen Trump vermittelt haben, dass ihm deshalb ein Strafverfahren drohen könnte. Das Justizministerium soll entsprechende Ermittlungen bereits erwägen.

Daneben werden neue Details über den Sturm auf das Kapitol bekannt. Mit am auffälligsten war dabei ein junger Mann in dem Hirschlederkostüm eines Schamanen. Wie zuerst vom «Gothamist» in New York City vermeldet, handelt es sich dabei um Aaron Mostofsky, den Sohn des prominenten Juristen Shlomo Mostofsky. Der Exponent der modernen Orthodoxie war Präsident des «National Council of Young Israel» und im Dezember mit Unterstützung der Demokraten an das oberste Gericht von Brooklyn gewählt worden.

Vater und Sohn haben anhin nicht auf Presseanfragen reagiert. Aaron Mostofsky erklärte jedoch auf einem Handy-Clip während der Besetzung, Trump sei die Wahl gestohlen worden. Laut der Nachrichtenagentur JTA haben an dem Protest in Washington gegen die Wahlentscheidung am Mittwoch zahlreiche Orthodoxe teilgenommen. Aaron Mostofsky wird nun von der Polizei in Washington gesucht.

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Donald Trump spricht neu von der Zeit für die Heilung der Nation
©tachles

Info:
Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 9.1. 2021