Chinesischer VolkskongressAllem Anschein nach ist Weltpolitik für die Linke – überwiegend als Partei gesehen - eine Nummer zu groß, sie sollte sich besser mit Sozialpolitik bescheiden

Heinz Markert

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Und die unzähligen Verfehlungen im Finanzsystem angehen, gemeinsam mit Gerhard Schick von der ‚Bürgerbewegung Finanzwende‘. "Verantwortliche für den Raub müssen hinter Gitter". Als Finanzminister war Helmut Schäuble lang dahinter her, dass die diebisch abgezockten Cum-Cum-Milliarden nicht posterior vom Fiskus eingefordert wurden.


Zuletzt aber tat sich die Frage auf: hat die Linke etwa einen despotischen Kern, der sie im Verhältnis zu den autoritär-despotischen Staaten und Herrschern – teils auch ihres Kreises in der Nachfolge des Sowjetkommunismus und Maoismus - sich allzu nachsichtig, wenn nicht verständnisvoll verhalten lässt? Ist Ranküne im Spiel, weil man gar so gern den Reaktionären im Mutterland, die dem gesellschaftlichen Gestern verpflichtet sind, eins auswischen möchte, während die faktischen Einparteienstaaten mit Samthandschuhen behandelt werden.


Mörder ruhig Mörder nennen

Ein aufgekommener Grund für Überlegungen dieser Art war die Entrüstung der parteilichen Altlinken in Bezug auf Joe Bidens „Ja“ als Antwort auf die Frage, ob er Wladimir Putin als Mörder bezeichnen würde. Dazu gab es in der FR vom 19.03.2021 sogleich die erwartbaren empörten Aufschreie, als ob Bidens Reaktion nicht etwas durchaus Verständliches und Berechtigtes hätte. Seine Reaktion war kein unbedachter Spruch, sie war ein Befreiungsschlag von der Diplomatie. Damit stach er, mit welchen Folgen auch immer, in ein Wespennest. Und logischerweise auch bei der Linken. Auch von Saudi-Arabiens Kronprinz Salman hat er sich abgegrenzt, den sein Vorgänger noch machen ließ (wie u.a. den Mord an Jamal Khashoggi). Nach einem Kommuniqué aus Bidens Botschaft von Mitte Februar verliert Saudi-Arabien jede Unterstützung Amerikas in seinem Krieg im Jemen. Alle Waffenverkäufe werden eingestellt.

Dies ist einer anderen Botschaft Bidens gemäß, die da lautete: „Wir werden das aggressive verbrecherische Verhalten Chinas bekämpfen, seine Attacken auf Menschenrechte, intellektuelles Eigentum und globale Strukturen.“ Apropos intellektuelles Eigentum. Damit sind die Plagiate Chinas gemeint, mit denen westliche Markenprodukte auf die mieseste Art abgekupfert werden.

Auch wenn man sich selbst als links bezeichnet, so lässt einen die ewige Leier des linken Mainstreams – in Bezug auf das Verständnis für Despoten - immer wieder überlegen, ob die vom gewohnten Reflex der Linken ausgehende Denkstruktur nicht doch bis in den Gulag zurückreicht - wenn diese meint, linke Diktatoren und Autokraten exkulpieren und gesundbeten zu müssen. Ohne das sowjetische Menschheitsverbrechen mit den von Rassismus gelenkten Methoden Hitlers in einen wesensmäßigen Bezug setzen zu wollen, wäre immerhin zu bedenken, dass der Gulag in der linken Geschichtsschreibung durchaus noch der genaueren Aufarbeitung harrt. Wie konnte so etwas geschehen? Es war schlimmer noch als die Hölle. Und der Oppositionelle Nawalny sitzt in unseren Tagen im postsowjetischen Straflager.


„Die USA neigen weiterhin zu Alleingängen“ (FR-Titel der Leserbriefspalte)

Ein schwaches Argument gegen Bidens Wende gegen allüberall sich ausbreitenden Autoritarismus und Despotismus. Und sofort wird noch der nächste Weltkrieg an die Wand gemalt, sollte jemand sich gegen den fatalen Lauf der Dinge im Osten stellen wollen. Biden hält Russland und China mit seinen Herrschern zurecht für höchst unkalkulierbar und hochgefährlich für die Weltgesellschaft. Chinas totalitäre stalinistische Diktatur stellt ob ihrer Unkalkulierbarkeit und in Anbetracht ihres Expansionsdrangs eine Gefahr für die Welt dar. Die Linke sollte sich ihre altertümliche Lagermentalität, mit der sie sich auf eine ganz fragwürdige Seite stellt, abschminken und sich vom Theaterdonner ihrer Guckkastenbühne befreien.


Der Westen ist böse, dem Osten gehört die Zukunft

Mit in Funktion ist auch immerdar die altüberkommene Amerika- und Westphobie, auch so ein Standard der traditionellen Linken, der einfach nur nervt. Neudeutsch: USA-Bashing. Will die Linke damit verdrängen und davon ablenken, dass die Amerikaner uns an vorderster Front gemeinsam mit den Aliierten vom Joch des Nationalsozialismus befreit haben? Dass Biden den Despoten und Autokraten die Meinung geigt und mit ihnen Fraktur redet, ist vollkommen berechtigt; nur klare Ansage und Kante kann diese in ihrer Übergriffigkeit und Anmaßung noch beeindrucken, ebenso wie finanzielle Sanktionen zu Lasten ihrer Mittäter. So manche der neuen Emporkömmlinge und Magnaten haben sich vorausschauend schon ihre West-Datschen samt gut gefüllten Konten gesichert. Die Funktionäre und Oligarchen, ein Gemisch aus heute und vorgestern, bedienen schamlos sich selbst.

Und gleich wird auch noch die Gefahr des Atomkriegs beschworen, wenn sachte Kritik von West nach Ost ergeht. Ach, was sind so viele Linke doch Hasenfüße, die sich aber auch gar nichts mehr trauen und die linke Gartenlaube vermeintlich rechtgläubiger Gesinnung jedem gepflegten Konflikt vorziehen. Will sie sich denn dauerhaft in Banden schlagen lassen, ohne durch die Bewegung der Kritik die traurigen Zeiten auch mal wieder in eine erfreulichere Richtung zu wenden?

Das immerzu Rechtfertigen Russlands, Chinas, Maduros, des Sandinismus und womöglich auch noch Lukaschenkos, nur weil diese gegen den Erbfeind USA stehen, sollte zum Ende kommen. Putin, der Förderer Assads - für Linke kein Thema. Hat jener in Assad sich selbst erblickt, sein Alter Ego, dem er Beistand leisten musste? - In der besagten Leserbriefspalte der FR fand noch eine vom linken Mainstream divergierende Meinung Niederschlag. Sie schloss: „Freue mich, dass auch Staatspräsidenten mal als ‚Mörder‘ bezeichnet werden“. Der Schreiber verweist auf Tucholsky und sein Diktum: „Soldaten sind Mörder“. Das hat seinen Überschuss, der aber ist legitim für die vorliegende Auseinandersetzung. Der Gerichtshof in Den Haag solle, so meint der Einwender auch, sich nicht nur afrikanische Diktatoren vornehmen, sondern auch Präsidenten der Supermächte.


Eine neue Phase anti-oppositioneller Systembildungen weltweit

Die Diktaturen neuerer gewalttätiger männlicher Cliquen sind alle vom gleichen Schlag. Worin sollte der Unterschied zwischen dem gewalt-kommunistischen Peking und dem militaristisch buddhistischen Myanmar bestehen? Beide sind nationale Schandflecken von Seilschaften in hohen Ämtern. Militär eingeschlossen. Korrespondiert damit nicht auch die Selbstbedienungsmentalität in der Politik jüngsten Datums in fast allen Weltteilen? Das weit abstoßendste System aber ist mit dem Nationalen Volkskongress Chinas mit 3000 in den Gesichtern erstarrten, geistlosen Abnickern und Claqueuren verbunden, genauer gesagt Marionetten. Es hat seinen Grund, dass es ein bevorzugtes Lieblingswort von Kindern gibt: Roboter („komm wir laufen Roboter“). Und Roboter arbeiten lange nicht so planmäßig wie Ameisen. Roboter sind nichts anderes als der Ausbund einer menschengemachten ‚Software‘, die auch staatlich sein kann.

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