Adele Hübner schreibt an die Bundeskanzlerin
Adele Hübner
Neuwerk (Weltexpresso) - Sehr verehrte Frau Merkel, unter den Urlaubern, die sich im Sommer von Duhnen aus zu uns auf die Insel kutschieren lassen, gibt es immer wieder Leute, denen merkt man sofort an, dass sie unbedingt auffallen wollen. Zu ihnen würde ich wegen der auffallend kleinen Brille Herrn Maaßen rechnen.
Mir geht es jedenfalls so, dass ich solche Typen für besonders eitel halte. Sie werden vielleicht einen anderen Geschmack haben, oder geht Ihnen dieser Mann auch wegen seiner Redereien auf die Nerven? Dass er sich als Verfassungsschutzpräsident nicht zu schade war, der AfD hintenrum zu sagen, wie sie am besten unbeobachtet bleibt, war schon starker Tobak, jetzt hat er sich die Leute vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk und vom Fernsehen vorgenommen und ihnen Verbindungen zur linken und linksextremen Szene vorgeworfen. Von Meinungsmanipulation und Linksdrall war da die Rede, ja sogar von einem Untersuchungsausschuss, der die Biographien von einigen Redakteuren auf den Prüfstand stellen solle.
Kommt Ihnen dieser Aufruf zur Schnüffelei nicht bekannt vor? Mussten Sie in der DDR nicht ähnliche Beobachtungen machen? Das wäre ja alles nicht so schlimm, wenn Herr Maaßen nicht als Kandidat der CDU für den Bundestag aufgestellt worden wäre. Leider bringt es deren Bundesvorsitzender Armin Laschet nicht übers Herz, Maaßen deswegen zu kritisieren. Ohne ihn beim Namen zu nennen, meinte er nur: „Solche Debatten schaden uns“.
Einen wirklichen Grund zur Kritik am öffentlich-rechtlichen Rundfunk haben die tonangebenden Parteien sowieso nicht. ARD und ZDF sind Fleisch vom Fleische dieses Staates und genießen nahezu den Status eines Verfassungsorgans. Alle leitenden Positionen werden in Absprache mit den jeweils regierenden Parteien besetzt und in Sachen Finanzen haben sowieso die Landtage das letzte Wort.
Maaßens Kritik am öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist reine Stimmungsmache. Ins selbe Horn stößt auch die rechtsgerichtete AfD, und die wiederum kann sich auf die CSU unter ihrem Vorsitzenden Franz Josef Strauß berufern. Dem waren die politischen Magazine schon immer ein Dorn im Auge. Das Wort vom „Rotfunk“ ging zu Wahlkampfzeiten allen konservativen Politikern seit jeher flott von der Zunge, eifrig unterstützt von den Blättern des Springer-Konzerns. „Der Spitzbart muss weg!“ hieß es auf den linken Hamburger Moderator Gert von Paczensky gemünzt in Anspielung auf den SED-Chef Walter Ulbricht.
Besonders rüde wurde der Ton immer dann, wenn die beiden Unionsparteien Gefahr im Verzug sahen. Das ist nach langer Pause jetzt wieder einmal der Fall. Deshalb scheut Armin Laschet ein kritisches Wort in Richtung Hans-Georg Maaßen. Einem anderen aus der rechten Ecke der CDU, Frriedrich Merz nämlich, hat der CDU-Chef schon einen Posten im Kabinett versprochen, falls die Unionsparteien die nötige Mehrheit aufbringen.
Was die kleine Brille betrifft, mit der Herr Maaßen sich schmückt, so hat mir ein Nachbar verraten, dass sie zwangsläufig den Gesichtskreis verengt. Er selbst hielte sie deswegen für über die Maßen bescheuert.
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