Bildschirmfoto 2021 07 15 um 00.47.05Spekulation des Regierungschefs: «Möglich innert fünf Wochen, wenn wir diszipliniert zusammenhalten»

Jacques Ungar

Tel Aviv (Weltexpresso) - In der ersten Pressekonferenz nach seinem Amtsantritt – sie galt dem Thema der wieder zunehmenden Covid-19-Infektion – gab sich der israelische Regierungschef Naftali Bennett am frühen Mittwochabend bedeckt optimistisch: «Wenn wir alle konsequent am gleichen Strick ziehen, können wir die Infektion innert fünf Wochen besiegen». Die Pressekonferenz wa in sachlichem Ton gehalten, schlug aber publizistisch keine hohen Wellen.

Premier Bennett blieb während der ganzen Dauer der Pressekonferenz seiner Linie treu: Die neu aufquellende COVID-19-Infektion lässt sich mit gemeinsamen Bemühungen des ganzen Volkes innert fünf Wochen besiegen, meinte Bennett. Als die wichtigsten Schritte zur Erreichung dieses Ziel ohne drastische Mittel wie eine Abriegelung oder deren mehrere  nannte der Premier: Vor allem wiederholte Appelle an das persönliche Verantwortungsbewusstsein der Landesbürger, die Gesichts-Schutzmaske konsequent in geschlossenen Räumlichkeiten wie Synagogen oder Vortragssälen, Theaterräumen usw. zu tragen. Dann sollen sich die über anderthalb Million Israeli, die es noch nicht getan haben, jetzt impfen lassen. Die nötigen Vorräte seien vorhanden.

Unter diesen Israeli befinden rund 300'000 Teenager. Und letztlich forderte Bennett seine Bürger dringend auf, die soziale Distanzierung bei Grossanlässen (sicher bei solchen über 100 Teilnehmern) einzuhalten, den Körperkontakt mit Nicht-Familienmitgliedern auf ein Minimum zu beschränken oder noch besser ganz bleiben zu lassen. Auf Auslandreisen sollten die Bürgerinnen und Bürger laut Bennett in den nächsten Wochen am besten verzichten. Im Rahmen einer fast unverhüllten Kritik machte Bennett seinen Vorgänger Binyamin Netanyahu verantwortlich für das Aufflammen der Delta-Variante des Coronavirus.

Sachlich ist es eine unwiderlegbare Tatsache, dass am Dienstag dieser Woche ein Vier-Monatshoch erreicht wurde, was die täglichen Neu-Infektion betrifft. Trotzdem meinte der Premier an der Pressekonferenz, er und seine Regierung wollten das Verhängen von Massen-Quarantänen vermeiden, obwohl diese die Behandlungsart der vorherigen drei Massenausbrüche von Covid-19 charakterisiert hätten. Stattdessen solle Israel sich für eine Politik entscheiden, die sich auf das Maskentragen, Impfkampagnen und Förderung der sozialen Distanzierung konzentrieren würden. Bennett fasste seine Politik wie folgt zusammen: «Wir haben zwei Optionen. Einmal gleichgültig bleiben und alles der Regierung aufladen. Das aber würde letztlich auf eine Abriegelung hinauslaufen. Zweitens aber kann jeder von uns Verantwortung übernehmen. Dann können wir diese ganze Geschichte innert fünf Wochen beenden».

Mehrfach während seiner Pressekonferenz forderte Bennett seine Mitbürger auf, Massenveranstaltungen ebenso zu meiden wie Auslands-Flugreisen. Auch die Befolgung der Protokolle der sozialen Distanzierung stellte der Regierungschef in den Mittelpunkt seiner Taktik. Dazu gehöre auch das Unterlassen von Händeschütteln, das man durch das Berühren der Ellenbogen ersetzen könne. Um seine Ideen plastisch zu demonstrieren, gab der Premier zum Schluss seiner Vorstellung gleich noch einige praktischen Beispiele für das optimale Benehmen seiner Untertanen. Bennetts Weg baut ganz klar auf den Einbezug des Volkes in die Bekämpfung der Corona hinaus. Die grosse Unbekannte ist vorläufig noch der Grad des Mitmachens der Massen. Hier kann man nur hoffen.

Foto:
Bennett bei der gestrigen Pressekonferenz
©tachles

Info:
Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 15. Juli  2021