Die geplante Reform des Gesellschaftsrechts wird unser Zusammenleben verändern
Conrad Taler
Bremen (Weltexpresso) – Eine florierende Wirtschaft ist nicht alles, aber ohne florierende Wirtschaft ist alles nichts. Diese banale Erkenntnis steht am Anfang aller Überlegungen zur Überwindung der gesellschaftlichen Gegensätze, die sich aus der Verteilung des materiellen Reichtums zugunsten einiger Weniger ergeben. Dieser Reichtum entsteht zum überwiegenden Teil in den Betrieben, also muss seine Verteilung dort ansetzen.
Zwölfhundert mittelständische Unternehmen haben von der Politik gefordert, dafür die gesetzlichen Grundlagen zu schaffen. Das Ergebnis ist in Anlehnung an das GmbH-Gesetz ein Gesetzentwurf zur Gründung von Gesellschaften mit gebundenem Vermögen (GmgV) der über kurz oder lang auf dem Tisch der neuen Bundesregierung landen dürfte. Erreicht werden soll, dass künftig nicht das Profitstreben Einzelner, sondern das Wohlergehen des Unternehmens im Mittelpunkt zu stehen hat. Exorbitant hohe Managergehälter sollen ebenso der Vergangenheit angehören, wie etwa die Verramschung eines Unternehmens. ein Gedanke, der nach bisherigen Vorstellungen nur durch eine grundlegende Umgestaltung der Gesellschaft in die Tat umgesetzt werden konnte.
Die Crux dabei ist, dass das grundgesetzlich garantierte Eigentumsrecht nicht angetastet werden soll. Wie das Kunststück vollbracht werden soll, war am 4. Mai Gegenstand einer Beratung von Spitzenvertretern der demokratischen Parteien, bei der es vordergründig darum ging, das Unternehmertum im 21. Jahrhundert nachhaltiger zu gestalten, wie die Süddeutsche Zeitung vom 6. Mai 2021 sich ausdrückte. Zugegen waren unter anderen Christian Lindner, Robert Habeck, Friedrich Merz, Armin Laschet und Olaf Scholz. Sie seien der Frage nachgegangen, wie gewährleistet werden könne, dass Unternehmen länger leben, nachhaltiger wirtschaften und sozialer agieren.
Friedrich Merz wollte sich damals nicht konkret äußern und zog sich auf die Bemerkung zurück, solche komplizierten Sachverhalte seien für Koalitionsverhandlungen nicht geeignet. Robert Habeck sagte, der von der Stiftung Verantwortungseigentum vorgelegte Gesetzentwurf enthalte ein ausgereiftes Konzept. 57 Prozent der Familienunternehmen fänden die Idee gut,. Es stärke den Unternehmergeist, wenn Mitarbeiter nicht für die Rendite des Eigentümers arbeiteten und die Löhne höher wären, weil kein Geld abgezogen würde. Zur Eigentumsfrage bemerkte er, bei den neuen Gesellschaften werde es sich um Kapitalgesellschaften handeln und die gehörten bekanntlich den Anteilseignern.
Olaf Scholz fand die neue Unternehmensform derselben Quelle zufolge gut. Er habe schließlich schon als Arbeitsminister dafür gekämpft, dass Unternehmen die Mitarbeiter am Gewinn beteiligen. Nach Einschätzung der Süddeutschen Zeitung bringt die neue Idee die alten Mehrheiten zurück. Auf der einen Seite stünden SPD und Grüne, auf der anderen Union und FDP. Neu sei, dass die Mehrheit der befragten Unternehmen auf der Seite von SPD und Grünen stehe.
Insofern sind die neuen Mehrheitsverhältnisse im Bundestag das Spiegelbild der sich seit längerem abzeichnenden Veränderung des gesamtgesellschaftlichen Kräfteverhältnisses. Erstaunlicherweise hat sich die Linksfraktion im Bundestag völlig geräuschlos mit dem Gedanken arrangiert, dass der Entwurf eines Gesetzes über die Gründung von Gesellschaften mit gebundenem Vermögen ihr quasi die Butter vom Brot nimmt, hat sie doch bisher vergeblich dafür gekämpft, dass geschieht, wonach mittelständische Unternehmen von sich aus jetzt verlangen. Um eine Stellungnahme gebeten erklärte sie, aus ihrer Sicht sei eine grundlegende Reform von Kapitalgeschaften überfällig. „Deshalb begrüßen wir die Idee und die Vorschläge der Stiftung Verantwortungseigentum, insbesondere auch den Gesetzentwurf für eine Gesellschaft mit gebundenem Vermögen“.. (Dazu demnächst mehr).
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