eichmannWerner Renz macht sich über Hannah Arendt lustig

Conrad Taler

Bremen (Weltexpresso) -  Welche Legitimation hat ein Mann, der den Auschwitz-Prozess für überflüssig hält, Hannah Arendts Buch „Eichmann in Jerusalem“ dem Gespött der Öffentlichkeit auszusetzen,  wie uns Robert Probst im Feuilleton der Süddeutschen Zeitung vom 10. Januar wissen lässt?

Man hält es immer noch für kaum möglich, wie herablassend und ganz im Sinne der Verharmloser des Neonazismus sich der Mann über Sinn und Zweck der Prozesse gegen Naziverbrecher  ausgelassen hat. Wenn man frage, ob es in der deutschen Gesellschaft ein Strafbedürfnis hinsichtlich der NS-Täter gegeben habe und ob der Rechtsfriede ohne die Bestrafung der „Handlanger“ gefährdet gewesen wäre, dann könne es darauf nur ein klares Nein geben.

Das schrieb Werner Renz 2001 im „Newsletter“ des Frankfurter Fritz-Bauer-Instituts, bei dem er seinerzeit als Leiter der Dokumentation tätig war. Jetzt nennt er Hannah Arendts Buch, in dem das ganze Grauen der verbrecherischen Welt des Nazismus lebendig wird, eine „Wundertüte“. Die angeklagten SS-Täter  hätten sich als Bürger der Bundesrepublik untadelig verhalten und die Gefahr des Rückfalls in staatlich befohlenes kriminelles Verhalten habe bei ihnen ebenso wenig bestanden, wie der Verdacht mangelnder Rechtstreue gegenüber dem demokratischen Staat.  Offensichtlich hatte der Rezensent der Süddeutschen Zeitung von all dem keine Ahnung, sonst hätte er sich vermutlich die Bemerkung verkniffen, Renz habe mit seiner  Analyse  „verdienstvolle Arbeit“ geleistet, die dabei helfe, die Kontroverse aus dem Jahr 1963  einzuordnen. Von Bedeutung sei sie vor allem deshalb, weil das geflügelte Wort von der „Banalität des Bösen“  ja auch heute noch immer eine große Rolle spiele.

Mit Verlaub, wie verdienstvoll kann die Arbeit eines Mannes über Hannah Ahrendt sein, der nicht davor zurückschreckte, im Zusammenhang mit dem Auschwitzprozess von  „Strafrechtstheater“ zu sprechen, wie das vor ihm der Rechtsphilosoph Gerd Roelleke getan hat, der dem Initiator des Verfahrens, dem hessischen Generalstaatsanwalt Fritz Bauer, in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung rechtsfremde Absichten unterstellt hatte.

Wie verdienstvoll kann die Arbeit eines Mannes sein, der immer wieder Partei für die Angeklagten im Auschwitz-Prozess ergriffen hat. So schrieb er zum Beispiel 2012, man werde  zugunsten der NS-Täter annehmen können, dass sie sporadisch ein schlechtes Gewissen gehabt hatten. Nahezu alle seien der Meinung gewesen, dass sie strafrechtlich nicht zur Verantwortung gezogen würden.  Insofern dürfte Fritz Bauer ihnen gegenüber nicht frei von Gewissenszweifeln gewesen sein, behauptet Renz ohne Nachweis.

Dies alles ist seit langem bekannt und Robert Probst hätte  es wissen können. Der ehemalige Untersuchungsrichter im Auschwitz-Prozess, Heinz Düx, entdeckte in einem Aufsatz von Renz  Passagen, die als Demontage und Desavouierung von Fritz Bauer gesehen werden könnten. Jetzt hat sich Werner Renz über ein Buch der Holocaust-Überlebenden Hannah Ahrendt hergemacht und reiht es unter die auf Jahrmärkten verkauften Spaßartikel ein. Er nennt es eine „Wundertüte“, weil jeder daraus habe herausziehen können, was ihm gerade in den Kram passe.
 
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