... in Sachen Whoopi Goldberg & amnesty international

Klaus Jürgen Schmidt

Norddeutschland (Weltexpresso) – Ich habe fast 30 Jahre unter Menschen in Afrika gelebt, die in einem langen, bewaffneten Kampf weiße Vorherrschaft überwunden hatten. Was war das für ein Kampf in Rhodesien, dem heutigen Zimbabwe? Eine rassistische Auseinandersetzung oder ein Aufstand gegen eine ausbeutende Klasse? Als westdeutscher Helfer bei Aufbau und Betrieb einer Radiostation war ich mir nicht immer sicher, ob einige meiner Kolleginnen und Kollegen mich als entsandten Experten akzeptierten, oder schlicht als weißen Besserwisser.
 

Anfang 1989 – für einige Wochen nach Hause zurückgekehrt – fand ich in einer deutschen Buchhandlung die – wie ich glaube – verständnisvollste Aufarbeitung des Rassismusproblems, aufgeschrieben von einer Frau, die sich dem Thema nicht journalistisch näherte, sondern aus der zehnjährigen Praxis einer Ombudsfrau für die Interessenvertretung von Einwanderern und Ausländern in Amsterdam.

Der Berliner Orlanda-Frauenverlag hatte dem „Handbuch“ von Lida van den Broek den Titel „AM ENDE DER WEISSHEIT“ gegeben – „Weißheit“ mit Doppel-S geschrieben, ein Wortspiel, das verstanden werden kann als Hinweis auf den aktuellen Druck von Fremdenhass in europäischen Ländern, mit dem Kommunen und Politiker am Ende ihrer Weisheit konfrontiert sind, aber auch als Hinweis auf die Grundthese der Autorin, dass sich das Konzept, weißes Überlegenheitsgefühl sei das Grundelement von Rassismus, nicht mehr aufrechterhalten lässt: „Rassismus ist ein struktureller Bestandteil unserer Gesellschaftsordnung,“ schreibt Lida van den Broek, und weiter: „Er ist eng verbunden mit dem kapitalistischen System und seinen ökonomischen Interessen.“

In seinem Buch „Le Racism“ – so erläutert Lida van den Broek – habe Albert Memmi den Nachweis geführt, dass der Begriff „Rasse“ aus der Viehzucht stammt und dort eingeführt wurde, um höhere Nutzleistungen zu erzielen. Ihre Schlussfolgerung: „Die Behauptung, dass es unterschiedliche menschliche Rassen gebe, erlaubt es, ein Wertesystem zu errichten und eine Bevölkerungsgruppe zum Nutzen einer anderen auszubeuten. Die Rassentheorie ist eine ungeheure und unmenschliche Lüge, die der Sklaverei zugute kam. Es gibt keine reinen Rassen und es gibt keine unterschiedlichen Rassen. Wir können höchstens sagen, dass es eine Rasse, nämlich die menschliche, gibt. Wenn wir es jedoch ablehnen, Menschen weiterhin nach ihrem Marktwert zu beurteilen, ist der ganze Begriff überflüssig geworden.“

Schon 1971 war beim Econ-Verlag ein Buch von Freimut Duve erschienen, Titel „DER RASSENKRIEG FINDET NICHT STATT – Entwicklungspolitik zwischen Angst und Armut“.

Freimut Duve war Publizist und von 1980 bis 1998 für die SPD Abgeordneter des Deutschen Bundestages. Er stammte aus einer jüdischen Familie väterlicherseits, mütterlicherseits aus einer wohlhabenden Bauernfamilie auf Fehmarn, die sich später in Lübeck niederließ. Anfang der 1960er Jahre war Duve Beauftragter der Hamburger Universität für die ausländischen Studenten. Etwa ab dem Jahr 1965 kümmerte er sich um die damals so genannten „Gastarbeiter“ und begann, mit seiner damaligen Ehefrau Sprachkurse für Ausländer zu geben, die er „Deutsch für Ausländer“ nannte. Duve ist der Erfinder dieser Begriffsschöpfung. Er starb im März vor zwei Jahren nach langer Krankheit im Alter von 83 Jahren.

In seinem Buch, in dem es hauptsächlich um den Kampf gegen die Apartheid in Südafrika geht, stellte auch Duve klar, dass es sich dabei um einen „Klassenkampf“, nicht um einen „Rassenkampf“ handelte.

Das, lieber Kollege Jacques Ungar vom Schweizer Wochenmagazin TACHLES, lässt mich fragen, was ich lernen soll, wenn Sie schreiben (am 3. & 4.02.2022 nachgedruckt bei „Weltexpresso“):

1. "Doch dann gab Whoopi Goldberg kund: «Der Holocaust hatte nichts mit Rasse zu tun». Nach kurzer Verblüffung konterten Joy Behar und andere Kolleginnen, es sei doch sehr wohl um die «Überlegenheit der weißen Rasse» und Judenverfolgung gegangen»."

2. "Die Organisation Amnesty International setzt ihre Kampagne gegen Israel mit unverminderter Stärke fort."

Sorry, Herr Kollege, ich verstehe die Aussagen von Whoopi Goldberg und von amnesty international als belegbare Feststellungen, die sich gegen strukturelle Gewaltanwendungen im Interesse von Machterhaltung und von Profitmaximierung richten.

Es ist Zeit, dass auch Medienmacher solche Zusammenhänge nicht immer wieder auf's Neue verschleiern helfen.

Foto:
© Wikipedia

Quelle: