Unverantwortliches Gerede über drohenden Krieg
Kurt Nelhiebel
Bremen (Weltexpresso) – Seit Wochen werden wir mit Meldungen über einen bevorstehenden Angriff Russlands auf die Ukraine überschüttet, ohne dass wir erfahren, aus welchem Grund das geschehen würde und woher man das wissen will. Der ukrainische Präsident Selenskij sagte einen Tag vor dem angekündigten Angriffstermin, dem vergangenen Mittwoch, er sehe keine Anzeichen für eine Invasion. Der Präsident wird die Nachrichten über den Aufmarsch russischer Truppen doch nicht verschlafen haben?
Anders als wir normalen Bürger hat er wahrscheinlich bessere Möglichkeiten, den Wahrheitsgehalt von Informationen des amerikanischen Geheimdienstes zu überprüfen. Dessen Sündenregister ist lang. Im Kosovo-Krieg lieferte er fragwürdige Bilder, im Irak-Krieg wartete er mit kriegsanfeuernden Fälschungen auf und im Afghanistankrieg, so die Süddeutsche Zeitung vom 15. Februar, lag er völlig daneben. Umgekehrt hatte er vom bevorstehenden Zusammenbruch der DDR keine Ahnung.
Nimmt man die Militäretats zur Grundlage, dann sind die Ausgaben Russlands mit 61,2 Milliarden Dollar zehnmal so groß wie die ukrainischen. Selenskij weiß aber auch, dass die Rüstungsausgaben Großbritanniens, Frankreichs und Deutschlands zusammen die Ausgaben Russlands um das Zweieinhalbfache übertreffen. Die Aufwendungen der USA liegen mit 611,2 Milliarden Dollar um mehr als das Zwölffache über denen Russlands. „Ist es so schwer zu verstehen“, fragte die „Süddeutsche Zeitung“, „dass sich nicht nur die Ukraine bedroht fühlen kann, sondern auch Russland? Kann man das eine akzeptieren und das andere ignorieren?“
Unterdessen hat Russland für Samstag ein Militärmanöver unter Leitung des Obersten Befehlshabers der russischen Armee, Putin, angekündigt. Erprobt werden dabei nach Angaben des Moskauer Verteidigungsministeriums strategische ballistische Raketen und Marschflugkörper. Behauptungen über einen bevorstehenden Angriff auf die Ukraine wies der EU-Botschafter Tschischow vehement zurück. „Es wird auch in der kommenden Woche keine Eskalation geben, oder in der Woche danach, oder im kommenden Monat“, sagte der Botschaft gegenüber der „Welt“.
Der überraschende Rückzug Frankreichs aus seiner ehemaligen Kolonie Mali lenkt das öffentliche Interesse vorübergehend von anderen Krisenherden ab. Wenn nicht alles täuscht, hat Präsident Macron die Bundesrepublik über seine Pläne nicht informiert. Obwohl der französische Schritt keinen unmittelbaren Einfluss auf die deutsche Beteiligung an der UN-Mission zur Ausbildung malischer Soldaten hat, dürfte der Einsatz nicht mehr von langer Dauer sei. Für Deutschland stelle sich jetzt mit noch größerem Nachdruck die Frage, schreibt die „Neue Zürcher Zeitung,“ ob man sich an der Seite einer militärischen Übergangsregierung engagieren möchte, deren Kommandanten die Bemühungen um Demokratie mit Füßen treten. „Eigentlich kann auch in Berlin die Antwort nur sein: Es ist Zeit zu gehen.“ Das für die französischen Atom-U-Boote und die Kernkraftwerke benötigte Uran kann auch im Nachbarstaat Niger beschafft werden.
Foto:
©www1.wdr.de