Bildschirmfoto 2022 02 27 um 00.04.41INTERVIEW MIT GABRIELLE ROSENSTEIN  

Yves Kugelmann

Basel (Weltexpresso) - Der Krieg Russlands gegen die Ukraine fordert auch die jüdische Gemeinschaft heraus. Weltweit laufen Hilfsprogramme an. Gabrielle Rosenstein, Präsidentin des Verbands der Schweizerischen jüdischen Fürsorgen, sagt im Interview welche Hilfsprogramme in der Schweiz initiiert worden sind.

Mit der Invasion Russlands in der Ukraine wird die Bedrohung der jüdischen Gemeinschaft offensichtlich. Sie haben sich in den letzten Wochen auf solche Szenarien vorbereitet. Was wird der Verband der Jüdischen Fürsorgen der Schweiz (VSJF) tun?

Zurzeit ist die Lage in der Ukraine unübersichtlich. Der VSJF erhält über seine Partner Organisationen unterschiedliche Signale. Angst und Unsicherheit stehen im Vordergrund, aber auch der Wille der Menschen auszuharren macht sich deutlich bemerkbar. Die jüdischen Organisationen wie Joint Distribution Committee (JDC), Jewish Claims Conference oder Bnai Brith Youth Organisation werden Anfang der Woche eine Online-Konferenz abhalten, um sich auszutauschen und zu koordinieren. Ich werde daran teilnehmen. Bereits letzte Woche hat der VSJF Hilfsprogramme aufzugleisen begonnen.


Der Krieg gegen die Ukraine kann länger dauern.Rechnen Sie selbst konkret mit jüdischen Flüchtlingen, die in die Schweiz kommen werden?

Ich rechne nicht damit, dass jüdische Flüchtlinge in großer Anzahl in die Schweiz kommen werden. Aber falls es so weit kommen wird, werden wir alles dafür tun, um sie aufzunehmen.


Was für ein Programm haben Sie in Arbeit?

Bundesrätin Karin Keller Sutter hat signalisiert, dass die Schweiz offen ist für Flüchtlinge aus der Ukraine. Wir werden allfällige Flüchtlinge in Zusammenarbeit mit den jüdischen Gemeinden unterbringen und betreuen können.


Im aktuellen Konflikt sind alle Menschen betroffen. Ist der Fokus Hilfe ausschließlich für jüdische Betroffene gerechtfertigt?

Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) bereitet sich ebenfalls vor. Wir sind ein Mitglied der SFH und können sicher in diesem Rahmen unsere Hilfe anbieten.


Bereits Ihre Vorgängerinnen Myrthe Dreyfuss und Doris Krauthammer waren mit Flüchtlingssituationen nach dem Fall der Sowjetuntion oder während der Balkankriege konfrontiert. Welche Erkenntnisse kann der VSJF aus der damaligen Situation heute nutzen?

Der VSJF hat eine lange Tradition in der Zusammenarbeit mit dem JDC Bereits während des Zweiten Weltkrieges und später mit den Flüchtlingen aus Ungarn und Bosnien hat der VSJF mit dieser humanitären grossen jüdischen Organisation gute Erfahrungen gemacht. Wir haben immer sehr enge und gute Kontakte mit dem JDC gepflegt und erhalten so unkompliziert und schnell Informationen über die Situation von jüdischen Gemeinden in ganz Europa. Diese Beziehungen haben alle meine Vorgängerinnen aufgebaut und gefestigt. Es macht Sinn, dass der VSJF in Zusammenarbeit agiert.


Sie sind auch Vizepräsidentin des European Council of Jewish Communities (ECJC). Dort sind Sie noch näher am Thema und den Verantwortlichen in der Ukraine dran. Wie ist die Situation und was wird geplant?

Dem ECJC sind fast alle grossen europäischen jüdischen Hilfsorganisationen angeschlossen. Der ECJC und seine Partner Organisationen planen gemeinsam Hilfsaktionen zur Unterstützung der jüdischen Gemeinden in der Ukraine. Besonders Holocaustüberlebende und älter Menschen brauchen medizinische Unterstützung und die gesicherte Lebensmittel Versorgung.
Da wird sich der VSJF mit einer Spendenaktion beteiligen.

Wohin können Spenden aus der Schweiz überwiesen werden?

Unter dem Konto IBAN CH18 0900 0000 8001 2711 7 (Betreff Ukraine) ist jeder Beitrag willkommen und kann in dieser schwierigen Zeit Hilfe bewirken.

Foto:
VSJF-Präsidentin Gabrielle Rosenstein koordiniert aus der Schweiz Hilfe für Jüdinnen und Juden in der Ukraine
©tachles

Info:
Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 26. Februar  2022