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Redaktion tachles

Tel Aviv (Weltexpresso) - Man muss nicht mit allem einverstanden sein, was er tut, aber man muss ihn dennoch bewundern. Die Rede ist von Israels Premier Naftali Bennett. Nach der nicht enden wollenden Ära Netanyahu schien es zunächst, als sei es unmöglich, dass ein anderer die Geschicke Israels bestimmen könnte. Netanyahu hatte es mit seiner geschickten PR geschafft, einer ganzen Generation von Israelis, die sich kaum noch an frühere Premiers erinnern konnte, einzureden, dass Israel ohne ihn verloren wäre.


Längst zeigt sich, dass dies natürlich nicht der Fall ist. Aber es ist mehr als das. Bennett hat sich mittlerweile eine Position in der Welt erarbeitet, die man ihm kaum zugetraut hätte. Der inzwischen selbstverständliche Umgang mit arabischen Führern der Golfstaaten, die Intensivierung der Beziehungen zu Kairo, aber vor allem seine Vermittlungsbemühungen im Krieg zwischen der Ukraine und Russland haben ihn sehr an Statur gewinnen lassen. Gleichzeitig wird Bennett im eigenen Land von allen Seiten angegriffen. Die linksliberalen Medien kritisieren ihn für seine Hybris, als Führer eines kleinen Landes in der grossen Welt mitspielen zu wollen. Die israelische Rechte attackiert ihn sowieso für so ziemlich alles, was er tut. Nur: Bennett ficht das nicht an. Und er macht weiter. Inzwischen bereits mit so viel Erfolg, dass selbst ein Bundeskanzler Scholz oder wichtige Führungsfiguren der Biden-Administration in Washington von Bennetts Einsatz mit einer gewissen Skepsis, aber eben doch mit Hochachtung sprechen. Bennett selbst sagt, er sei weniger ein Mediator als vielmehr ein Überbringer von Botschaften zwischen Moskau und Kiew. Doch selbst dies ist nicht gering zu schätzen. Er ist einer der Politiker, der einen Gesprächskanal offenhält. Und das ist in Zeiten des Kriegs wichtig und richtig.