Bildschirmfoto 2022 04 10 um 09.59.05Nun trifft es Moshe Kantor in Brüssel

Redaktion tachles

Brüssel (Weltexpresso) - In der jüdischen Welt vor allem als Präsident des European Jewish Congress (EJC) bekannt, hatte er seine Basis lange in Genf. Dass er ein Oligarch ist, wissen alle. Dass er ein gutes Verhältnis zu Putin hat oder zumindest hatte, das hätten viele wissen können, doch viele guckten einfach weg. Juden ebenso wie Nichtjuden. Man zeigt sich halt gern an der Seite eines Milliardärs und einflussreichen Mannes. Nun hat Grossbritannien ihn auch sanktioniert.

Weil er die Mehrheitsanteile an Acron besitzt, einer Firma, die Düngemittel herstellt und «von vitaler strategischer Bedeutung für die russische Regierung ist», wie die britische Regierung erklärte.

Der EJC protestierte dagegen, man sei «zutiefst geschockt und entsetzt über die Entscheidung der britischen Regierung, Dr. Moshe Kantor zu sanktionieren [...]. Dr. Kantor ist ein britischer Staatsbürger, der seit drei Jahrzehnten in Westeuropa lebt.» Er habe sich stets gegen Antisemitismus eingesetzt sowie viele Honorationen von europäischen Staatsoberhäuptern erhalten.

Aber was hat das mit seinen Verbindungen zu Putin zu tun, muss man zurückfragen. Dass er den Orden der französischen Ehrenlegion ebenso erhalten hat wie höchste italienische Würdigungen, zeugt in erster Linie davon, wie Politik sich mit finanzieller Macht verbündet. Aber das besagt noch nicht, ob der Geehrte tatsächlich ein Ehrenmann ist oder nicht.

Dabei soll Kantors Einsatz für die jüdische Welt nicht geschmälert werden. Doch am Beispiel des fünften Welt-Holocaust-Forums, das er 2020 in Jerusalem organisiert hatte, erkennt man schnell die Problematik seines Einsatzes für jüdische Belange. Teilgenommen hatten viele politische Führungspersönlichkeiten wie der damalige US-Vizepräsident Mike Pence, der französische Präsident Emmanuel Macron und natürlich Wladimir Putin.

Die Tageszeitung «Haaretz» bat damals die ebenfalls involvierte Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem, die Öffentlichkeit doch einmal aufzuklären, wie die Beziehungen aussähen zwischen einem Freund Putins, der die Veranstaltung finanziert hat, und dem Inhalt der Veranstaltung, die – so die Zeitung – dem russischen Narrativ diene. Immer wieder hagelte es Kritik an der dubiosen Verbindung zwischen dem jüdischen Engagement Kantors und dessen Geschäftsbeziehungen zu Putin. Die jüdische Welt hat es nie für nötig gehalten, da eine scharfe Trennlinie zu ziehen. Wozu auch? Alle zogen von Moshe Kantors Gunst und Geld viele Vorteile.

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Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 8. April 2022