20220307 103848 bereinigtDie das westliche Modell der Aufklärung ablehnen und hieran keinen Anschluss finden stehen fern der Völkergemeinschaft

Heinz Markert

Frankfurt am Main (Weltexpresso) . Auf weltgeschichtliche Regeln muss eisern gepocht werden, oder es kommt höllisch. Putin und Xi sind Aufsteiger, die aus unbegreiflichen Gründen aber schon wieder hinabgestiegen sind. Sie haben offenbar ein Problem mit ihrer Selbstfindung. Sprich: sie haben einen Minderwertigkeitskomplex.
Diplomaten sind ja meistens etwas anders als ihre Herrscher, die sie qua Funktion zu rechtfertigen haben. Sie haben aber leider wenig mildernden Einfluss auf diese. Ihnen Rat geben hilft wohl kaum.

Dass China sich weigert, den Überfall auf die Ukraine zu verurteilen, zeigt an, dass es ebenso wie Russland - also Länder mit schrecklichen Herrschern – mit zu den Schanden der Menschheit zählt (a Shame and Scandal of Menkind, international verständlicher gesagt).

Mit China werden wir politisch erst mit der nächsten Generation des starren Politinventars klarkommen. Zwar handelt es sich in dem gegebenen Fall nicht mehr direkt um Barbarei, aber um barbarisch Handelnde, d.h. sie sind ein gesellschaftliches hervorgebrachtes Phänomen, gemäß der marxschen Lehre: nur in der Gesellschaft kann der Mensch vereinzelt sein und isoliert handeln. Genauer handelt es sich aber um Männerwirtschaft. Diktaturen funktionieren auf Dauer nicht und werden irgendwann scheitern, weil sie sich dem gesellschaftlichen Fortschritt und der Lebendigkeit des Lebens verweigern. Marx wird in diesen Kreisen nur missbraucht und so nebenbei mitgeschleppt.

Mit diesen Ländern können wir nichts zu tun haben wollen und vermögen in diese auch nicht zu reisen. Die Ölgötzen des Regierungsapparats Chinas sollen es bitte sein lassen, sich aus der marxschen Lehre ableiten zu wollen. Derartiges wäre der Gipfel des Betrugs und Schwindels. In China spielt sich gegenwärtig ein brutaler, aufs Wirtschaftliche fixierter Nachholschwachsinn - im Verhältnis zum Westen - ab. Das hatten wir auch schon so ähnlich. Dabei fällt so manches an höherwertigen Möglichkeiten der menschlichen Natur unter den Tisch. Mache China also bitte halblang und gehe in sich.

Marx würde sich im Grab rumdrehen, wenn er sähe, was in China aus seiner Idee geworden ist. Marx war ein Meisterdenker der menschlichen Freiheit, nicht des Kollektivismus und der Diktatur einer auf sich selbst fixierten Minderheit von Kadern und Politbürokraten. Hingegen repräsentiert Marx den menschlichen Freiheitsdrang und Gestaltungssinn, wie berühmte Stellen in den Pariser Manuskripten erhellen. Marx sagte auch: Was mich betrifft, so bin ich kein Marxist.

20220410 161318 2 bereinigtRussland ist wie China ein Baustein der ‚Asiatischen Despotie‘ (finde nähere Erklärung auf Wikipedia). Ich ermuntere die Politruks der formalisierten Sprache des Regimes, sich mal mit der Kritischen Theorie der Frankfurter Schule zu konfrontieren, die in universitären Kreisen immer noch hoch angesehen ist. Sie bekannte sich zu einem Verständnis des Marxismus auf der Basis des Startups der Individuen und eines Liberalismus der Verantwortung für die Geschicke des Individuums und des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Der mündige Mensch galt ihr als Modell für ein voll entfaltetes Leben. Literaturvorschlag: Traditionelle und Kritische Theorie, Max Horkheimer.

20220410 161444 3 bereinigtVor wenigen Jahren durfte ich zwei Landsleute aus der chinesischen Diktatur – die sie damals noch nicht ganz war -, offizielle Repräsentanten Chinas aber also durchaus, beobachten, wie sie im Gebäude hinterm Säulen-Portal an der Oskar-von-Miller-Straße den Ausführungen von Prof. Alfred Schmidt, Nachfolger auf dem Lehrstuhl von Theodor W. Adorno und Max Horkheimer, gespannt lauschten. Jener erschien ihnen wie eine Offenbarung im grellen Kontrast zum offiziellen Kurs der gesellschaftlich völlig abgedrehten Elite Chinas.

1956 warnten uns die Vorfahren (ancestors) vor der Gelben Gefahr und den Blauen Ameisen. Solche Begriffe fanden wir gar nicht gut. Heute aber müssen wir leider erkennen, dass diese Bezeichnungen einen wahren Kern hatten. Besonders abstoßend finden wir ein Parlament, das fast nur aus Marionetten, Jasagern und Claqueuren besteht. So etwas ist einfach lächerlich. Wie lange will die herrschende Clique Chinas diesen Schwindel mit den armen Landsleuten noch betreiben?

Jede Lehre braucht ein inneres Korrektiv

Um auf die Marxsche Theorie zurückzukommen: Der Marxismus benötigt selbst auch wieder ein Korrektiv, eine eigebaute Bremse und eine Rückwendung auf sich selbst, wie jede große Lehre: Vorbild ist das Ich denke des Descartes. Eine Fehlerberichtigung also, auf der Basis dauernder Selbstreflektion. Vernunft und Aufklärung verschränken sich dialektisch miteinander und auf die Achtung der Menschenwürde kann kein Verzicht getan werden, sonst ist alles null und nichtig. Die niemals stillzustellende Aufklärung ist eine permanente Herausforderung. Die Russische und Chinesische Revolution – inklusive eines Mao - waren nicht viel weniger brutal und menschenverachtend als die Vernichtungspolitik der Nazis gegenüber unliebsamen Miterdbewohnern. Cum grano salis. Der Vergleich hinkt zwar, ist aber nicht ganz wegzuwischen. Um 1968 wurde die Brutalität der chinesischen Kulturrevolution verharmlost und unter den Teppich gekehrt. Das war mehr als nur naiv.

Gutes gebracht haben weder Revolution noch Konterrevolution. Auch das überzogene Heil des technischen Fortschritts und der Naturbeherrschung nicht. Sie wurden zu neuen Instrumenten von Schindern, die Alte Natur gleich miteingeschlossen. Hinzu gesellten sich in den Siebziger Jahren die Roten Khmer. Letztendlich aber wurde das Geheimnis der Sache offenbar, anhand der Berge von Leichen und Skeletten. Und trotzdem soll es heute als legitim erscheinen, den Ausschluss Russlands aus der Menschenrechtsorganisation abzulehnen. Aber nur, weil China Russland im Hinblick auf seine Diktatur grundähnlich geworden ist. Die Intoleranz zeigt an, dass man sich seiner selbst nicht sicher ist.

Aber auch das chinesische Regime, das nicht im Volk wurzelt, wird an seine Grenzen stoßen. Es schwebt über einer anonym gemachten Masse wie ein Raumschiff. Das Ende jeder Diktatur ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Eigentlich hält sich China nur noch als ordinärer Staatskapitalismus. Die Elite hat Angst vorm Volk. Nicht mal die Spur einer permanenten Revolution der sich zur Freiheit und Selbstbestimmung hin entwickelnden Gesellschaft im kleinen Rahmen ist festzustellen.

China glaubt, dass es über den Westen hinaus ist, tatsächlich liegt es aber hinter Europa, England - dem Commonwealth - und den Vereinigten Staaten weit zurück. Europa hat 1215 die Magna Charta libertatum, 1628 die Petition of Rights und 1679 die Habeas Corpus-Akte hervorgebracht, alles Voraussetzungen für die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. Hinter diese Rechtspositionen gibt es kein Zurück. Manche Herrscher glauben aber sie seien besonders schlau und hätten etwas völlig Neues entdeckt, worauf noch keiner gekommen ist.

Radikal sein heißt die Wurzel des Übels angehen

Putin gefällt sich darin, sich zu einem monströsen Gewaltmenschen zu stilisieren. Das ist reine Einfallslosigkeit. Er meint damit: Hallo, ich bin auch noch da! Liebt Ihr mich denn nicht? Er ist der Neo-Proselyt, der die Reichsidee – und den Nationalismus - zum neuen Leben erwecken will, dabei waren sie schon ein Produkt der Dummheit des 19 Jahrhunderts gewesen, mangels echter Alternativen, die dem gegenwärtigen sozio-kulturellen Überbau weltweit 20220307 103855 2 bereinigtmangeln. Und zwar in Ost, West und Süd. Bloß ist der Westen ein Stück weiser geworden.

Die Russische Oktoberrevolution und der NS waren von vornherein totgeborene Zwillinge. Der Stalinismus war nicht viel weniger mörderisch als der NS. Wir brauchen keine Reiche oder Großmannsgebilde, bloß Individuen, die sich zu entwickelten, mündigen Menschen formen und gestalten. Doch Achtung, China versteht sich auch als Raubrasse. Das ist aufgewärmter Bullshit. Manche meinen sie müssten in den theatralischen Plunder der Vor-Geschichte (Marx) neu aufwärmen. Merken sie denn nicht, dass sie damit ‚nur spielen‘ können?  Der Internationale Strafbefehl gegen den Kriegsverbrecher, Mörder und Banditen Putin ist in Arbeit. Ist dieser mal in Kraft, kann Putin vergessen, in irgendein Land zu reisen, um dort so etwas wie ein alltägliches Leben zu verleben.

Putin und Xi vertreten und verstehen keinerlei an der westlich-aufklärerischen Welt und der in langen Zeiträumen erstrittenen Humanität angelehntes gesellschaftspolitisches Geschäftsmodell. Niochmal: Putin ist ein brutaler Kriegsverbrecher, Mörder und Bandit. Er ist bereit auch Kinder zu schlachten. Existenziell verzweifelt droht er mit dem nuklearen Schlag. Blanker Nihilismus ist also sein propagiertes Modell des Lebens in der einen Welt. Hierfür aber gilt militärisch die Regel: Wer zuerst zuschlägt, stirbt in zweiter Linie. Who strikes first, dies second. Der Westen muss sich nicht kirre machen lassen, sonst ist er langfristig verloren. Ein bisschen Lebenswillen wird auch in Putin noch verblieben sein.

China hat mit der Beseitigung der Demokratie im frei lebenden Honkong das Staatsverbrechen eines totalitär geführten Landes begangen. Den Teufeln des Danteschen Infernos die Stirn bieten ist global angesagt und keinerlei Nachsicht oder Erbarmen mit ihnen zu üben.



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