Jacques Ungar
Tel Aviv (Weltexpresso) - Völlig überraschen für Freund und Feind teilte am Donnerstag Nachmittag die Meretz-Abgeordnete Rinat Zoabi Premierminister Naftali Bennett und Alternativ-Premier Yair Lapid schriftlich mit, dass sie aus der Koalition austrete. Von einem Austritt aus der Knesset war dem Vernehmen nach in ihrem Schreiben nichts zu lesen.
Laut reiner Parlaments-Mathematik hätten mit dieser Entwicklung die Gegner der ohnehin schon lendenlahmen Jerusalemer Koalition mit 61 der total 120 Stimmen in der Knesset genügend Stimmen für eine Gesetzesvorlage zur Auflösung der Knesset.
Zoabi führte angeblich in ihrem Schreiben an, dass sie mit zunehmender Schwierigkeit das Verhalten der jüdischen Abgeordneten gegenüber der arabischen Minderheit verfolgte, die sie ja vertritt. Jetzt war für die Abgeordnete offenbar der Augenblick der Konsequenz gekommen. Mit einiger Spannung darf man die Reaktionen von Bennett und Lapid abwarten, aber sogar innerhalb von Meretz herrschte nicht nur eitel Sonnenschein. Offenbar war man sich dort der Tatsache bewusst, dass mit dieser Entwicklung ex-Premier Netanyahu einen weiteren Schritt auf dem Weg zurück ins Amt des Premiers getan hat. Notabene hätte Frau Zoabi in einigen Monaten den Posten einer israelischen Wirtschftskonsulin in Shangai antreten sollen.
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Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 19. Mai 2022