Bildschirmfoto 2022 07 19 um 00.20.41Der reichste Mann in Asien kauft den Haifaer Hafen

Jacques Ungar

Tel Aviv (Weltexpresso) - Der Industrielle Gautham Adani, ein Milliardär und ein enger Freund des indischen Premierministers Narendra Modi, kaufte dieser Tage für 4,1 Milliarden Schekel einen Mehrheitsanteil am Haifaer Hafen. Könnte dieser Deal zu einer Bahnverbindung nach Jordanien führen?

Als Teil von US-Präsident Joe Bidens kürzlichem Israelbesuch fand ein präzedenzloser diplomatisch-strategischer Gipfel statt. Biden, Israels Premierminister Yair Lapid, Mohammed bin Zayed, der Herrscher der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) und Indiens Premierminister Narendra Modi trafen sich virtuell unter der Aegide der neu gegründeten, von den USA errichteten Gruppe 1202. Ziel ist die Steigerung der unternehmerischen Kooperation zwischen den vier Staaten.

Nachdem die vier Führer die Begrenzungen des Zooms überwunden hatten und die Notwendigkeit der gemeinsamen Investitionen in Infrastruktur. Gesundheit und Nahrungsmittelsicherheit diskutierten, hatte die neue Allianz anscheinend bereits begonnen, Früchte zu tragen.

Das Gautham Adani gehörende Infrastruktur-Imperium, wurde zum Gewinner der Bewegung zur Privatisierung des staatlichen Haifaer Hafens, zusammen mit der israelischen Gesellschaft Gadot Chemical Terminals. Vorausgegangen sind immense Druckversuche der USA auf die Chinesen, kein Angebot zu unterbreiten. Die Emirate hatten sich im letzten Augenblick zurückgezogen.  Adani ist ein enger Freund Modis und die reichste Person in Asien.
Adani offerierte eher aussergewöhnliche 4,1 Milliarden Schekel (1,18 Milliarden Dollar) für den Hafen – 56 Prozent mehr als der zweitgrösste Anbieter. Das ist ein viel höherer Preis als die Regierung zuerst vermutet hatte. Die Preis-Verdienstratio betrug 18 (ungefähr berechnet, basierend auf dem Durchschnitt der letzten drei Jahre). Es wäre als ob Adani sagen würde: «Geh zur Seite, das ist ein strategischer Kauf, und für uns ist der Preis weniger wichtig».
Wenn lokale Gruppe, die sich  um den Hafen bewarben, den Preis vernahmen, den Adani Ports offeriert hatten, zogen sie sich alle effektiv zurück. «Bei einer derartigen Kluft müssen Sie verstehen, dass es sich um ein ganz anderes Ballspiel handelt. Es ist sinnlos, gegen einen Spieler anzutreten, für den die Aktiva eine strategische Investition sind», sagte eine Person, die eng zu einem der rivalisierenden Anbieter stand.

Adanis Gesellschaft operiert in Indien 13 Meeres-Terminals und kontrolliert 24 Prozent des indischen maritimen Handels. Er hat keine Holdings im Westen – was soviel heisst, dass sein Zugang zu Israel ein Signal ist für wachsenden maritimen Handel zwischen Asien und Europa, und die Notwendigkeit der grössten asiatischen Spieler für eine Zwischenstation (Hub) im Mittelmeer. «Wir sind erfreut, das Angebot für die Privatisierung des Hafens von Haifa in Israel mit unserem Partner Gadot (der 30 Prozent am Hafen besitzt) zu gewinnen. Immense strategische und historische Bedeutung für beide Nationen! Stolz, in Haifa zu sein, wo die Inder 1918 eine der grössten berittenen Angriffe der Militärgeschichte leiteten», twitterte Adani seiner Gefolgschaft von fast 638000 Personen.
Indem sie den indischen Kavalerie-Angriff im 1, Weltkrieg erwähnten, als indische Truppen die Ottomanen besiegten, wickelten die vier reichsten Menschen der Welt – Adani alleine ist fast 113 Milliarden Dollar wert – den Deal in eine nationalistisch-historische Aura ein, dessen Bedeutung jedermann klar ist:  Wenn es darum geht, ein Mehrheitsinteresse in einem strategischen Aktivum wie einem Hafen zu kaufen, ist es nicht nur ein privater Deal sondern auch ein politisches Manöver. Hinter dem Gewinner des Angebots steht ein Land, ob Sie es wollen oder nicht.

Israel erwartet, dass Adanis Eintritt in die lokale Szene jetzt zu mehr indischen Investitionen führen wird, vor allem im Bereich der erneuerbaren Energie und in der Rüstung. Adani hat übrigens bereits mit der Aerospace und Verteidigungsgesellschaft Elbit Systems in einer indischen Fabrik für Dronen-Produktion in Indien zusammengearbeitet.

Eine andere Erwartung, die von der Vision eines neuen Nahen Ostens gefördert wird, betrifft den Bau einer Bahnverbindung vom Haifaer Hafen nach Jordanien. Das wäre eine diplomatische und logistische Änderung der Spielregeln, wie sie schon in der Vergangenheit mehrfach diskutiert worden ist. Jetzt, da eine indische Firma ein Mehrheitsinteresse am Haifaer Hafen hält, könnte es endlich zur Realität werden. Das ist sogar wahrscheinlicher angesichts der Tatsache, dass Jordanien ebenfalls an einer solchen Verbindung interessiert sein dürfte.

Foto:
Gautham Adani
©tachles

Info:
Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 18. Juli 2022