Bildschirmfoto 2022 09 16 um 03.53.27Palästinenser wollen Terrorkarussell ankurbeln. Ist das die einzige Variante?

Jacques Ungar

Tel Aviv (Weltexpresso) - In der Sache ist es eigentlich nichts Neues mehr. Seit Jahren warnen die zuständigen israelischen Anti-Terror-Organisationen vor der Gefahr einer Zunahme der palästinensischen Gewalt vor und während der jüdischen «Feiertags-Saison». Sie beginn dieses Jahr am 25. September mit dem Beginn des Jüdischen Neujahrsfestes. Jom Kippur (Fasttag) und das Sukkot-Laubhüttenfest sind weitere Höhepunkte der Feiertagssaison.

Im Gegensatz zu früheren Jahren sind die Warnungen von Militär, Polizei, Politikern und anderen Organisationen vor möglichen terroristischen Akten der Palästinenser drängender und eindringlicher als je zuvor. Hinzu kommt eine bisher selten gekannte Lust der Feinde Israels, den Juden die Festtagsstimmung gründlich zu verderben. Es fängt damit an, dass die führenden Terrororganisationen ganz offiziell ihren Mitgliedern ein Barhonorar von rund 200 Dollar für jeden geglückten Anschlag in Aussicht stellt, vorausgesetzt, die «Helden» können nach geglücktem Anschlag ihre (Un-) tat mit einem Film, womöglich mit Ton beweisen. Die lokalen TV-Stationen und Zeitungen haben bereits jetzt ihr Interesse an reproduktionsfähigen filmischen Zeugen des Geschehens bekundet.

Die politische Führung der Palästinenser kann ihre Genugtuung an diese über klare Abkehr von jeder Friedenssuche kaum verbergen. Das israelische Militär und die anderen Sicherheitsorgane gaben diese Woche ihren bisherigen Höchststand an Bereitschaft in der Westbank, aber auch an den Grenzen bekannt, wollen aber die Feststimmung der erwarteten tausenden von Glaubensgenossen nicht mehr beeinträchtigen als unbedingt nötig erscheint. Den Palästinensern, aber auch den Hizbollah-Gruppen im Norden  wird pausenlos mit Vergeltungsmassnahmen gedroht, die alles bisher Dagewesene in den Schatten drängen würden. Israel scheint sich aber in zunehmendem Masse mit dem Verüben von Vergeltungsmassnahmen jenseits der eigenen Grenze, bis tief ins Feindesland hinein zu gewöhnen.

Wenn man die Bilder der neuen iranischen Langstreckendrohne sieht, deren Wirkungsradius bis nach Tel Aviv und Haifa reichen soll, wird auch bei vorsichtiger, sachlicher Beurteilung der Entwicklung klar, dass eine Entwicklung mit vielleicht immer tödlicheren Folgen in stets kürzeren Intervallen für Israel ein Bild des Schreckens darstellt, dass über kurz oder lang zu einer Kette wirklichkeitsnaher Horrorszenen zu werden droht, auf die der Durchschnitts-Israeli ebenso wie die friedensliebenden Menschen in aller Welt gut und gerne verzichten würden.

Vor einigen Tagen haben führende israelische und palästinensische Spitzenleute in Militär und Politik in einer geheimen Sitzung Möglichkeiten diskutiert, um das Schlimmste für die Bevölkerung auf beiden Seiten zu verhindern. Bleibt nur zu hoffen, dass Sitzungen wie die genannte nicht zu spät kommen, und dass die besonnenen Kräfte auf israelischer wie auf palästinensischer Seite doch  noch die Oberhand gewinnen. Vorderhand scheint diese Variante sich noch zu sehr in einem wunschtraum-artigen Nirwana zu bewegen als dass man sich allzu sehr auf sie abstützen könnte.

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Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 14. September 2022