Das FR-Interview mit dem OB-Kandidaten Mike Josef
Klaus Philipp Mertens
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Mike Josef gibt sich in dem Interview mit der FR, das am 15. November veröffentlicht wurde, nassforsch bis kaltschnäuzig.
Er versucht auf diese Weise, seine eklatanten Defizite zu verbergen. Vor allem vermeidet er klare Stellungnahmen zu Peter Feldmann, dessen Abwahl er maßgeblich mitbetrieben und dessen politische Ziele er hintertrieben hat.
Dennoch heftet er sich eine von dessen zentralen Forderungen ans Revers. Nämlich die nach bezahlbaren Wohnungen. Mutmaßlich will Josef das gar nicht wirklich, aber es würde ihm auch nicht gelingen, solche Pläne umzusetzen. Denn er hat sich in der Abwahlkampagne mit einem Spekulanten verbündet, dem Immobilienunternehmer Rainer M. Ballwanz (die großformatigen Anzeigen erschienen auch in der FR). Wohnungsbau scheint für den Planungsdezernenten vor allem profitträchtige Zersiedelung von Landschaft zu sein, ohne Blick auf Vorhandensein und Schaffung von Infrastruktur und die Bedingungen einer von der Klimaveränderung bedrohten Welt – siehe die projektierte Siedlung neben der Autobahn 5.
Am Jahresanfang zerrte er die Bürgerinitiative „Mietentscheid“ vor Gericht, die von mehr als 25.000 Bürgern unterstützt wurde. Die Begründung: Bürgerinitiativen dürften sich nicht gegen die wirtschaftlichen Interessen eines städtischen Unternehmens wenden. Eigentlich sind kommunale Unternehmen parlamentarischen Beschlüssen unterworfen, sind praktische Handlungsebenen der Politik. Das zuständige Verwaltungsgericht stimmte der Auffassung der Stadt zu. Möglicherweise sind dort einige Anordnungen aus der Zeit, als „der Führer das Recht schützte“ (Carl Schmitt, Kronjurist des NS-Staats) noch nicht aktualisiert worden.
Solch einem Politiker glaubt man nicht. Da hätte es des Verrats an Feldmann gar nicht bedurft. Aber auch bei anderen Vorhaben rannte der talentlose, aber erkennbar von Eitelkeit geprägte Stadtrat gegen Wände. Bei der geplanten Erweiterung des Hessencenters in Bergen-Enkheim riskierte er im Herbst 2016 einen Konflikt mit der Stadt Hanau, mit der es eine schriftliche Absprache gegen unnötige Konkurrenz bei benachbarten Einkaufszentren gibt (regionales Einzelhandelskonzept). Gerade Politiker sollten die Kulturtechnik des verstehenden Lesens beherrschen.
Doch Mike Josef verfügt auch über Freunde. Die Frankfurter Jusos haben dem OB-Kandidaten ihre Unterstützung zugesagt. Deren Sprecher, Paul Lüber, äußerte sogar, dass dieser eine starke soziale Politik verkörpere, was sich an seinem bisherigen politischen Handeln und seiner persönlichen Biografie zeige. Das klingt, als reihe sich ein frühvergreister Nachwuchs in die Warteschlange jener ein, die nur darauf warten, für 30 oder mehr Silberlinge ihre Überzeugungen veräußern zu können.
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Plakat der Initiative „Mietentscheid“
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