Bildschirmfoto 2023 01 16 um 00.12.29Der israelische Staatspräsident Herzog erklärte, er tue sein Bestes, um eine für alle annehmbare Übereinkunft über die vorgeschlagenen Justizreformen zu erwirken

Jacques Ungar

Tel Aviv (Weltexpresso) - In ungewöhnlich klaren und direkten Worten nahm der israelische Staatspräsident Isaac Herzog am Sonntag zur derzeitigen Lage des Landes Stellung: «Wir befinden uns inmitten eines tiefen Konflikts, der die Menschen auseinanderreißt. Dieser Konflikt beunruhigt mich, und er beunruhigt einen großen Teil der Menschen in Israel und in der Diaspora.

Die Grundlagen der israelischen Demokratie - zu denen auch das Justizsystem gehört - sind heilig, und wir müssen sie um jeden Preis schützen, auch wenn es prinzipielle Auseinandersetzungen und Debatten über die Beziehungen zwischen den Behörden gibt. Ich schätze alle Beteiligten, die Demonstranten und die Beteiligung der Öffentlichkeit an dieser wichtigen Debatte. Ich respektiere die Kritik an meiner Person, aber im Moment konzentriere ich mich auf zwei kritische Aufgaben, die mir meiner Meinung nach als Staatspräsident zu diesem Zeitpunkt auferlegt sind: Die Verhinderung einer historischen Rechtskrise und die Verhinderung der weiteren Spaltung des Volkes.»
Herzog fügte hinzu, dass die Residenz des Präsidenten der einzige Ort sei, der noch das Vertrauen des gesamten Volkes geniesse und daher gut geeignet sei, zu vermitteln und eine für alle akzeptable Lösung zu finden.

«In der vergangenen Woche habe ich mich ständig und in jeder Hinsicht um die betroffenen Menschen bemüht, in der Hoffnung, einen Dialog und ein breit angelegtes Gespräch zu schaffen, das aufmerksam und respektvoll ist, und ich hoffe, Ergebnisse präsentieren zu können», so Herzog weiter.

«Ich gebe unumwunden zu, dass ich nicht sicher bin, dass diese Bemühungen von Erfolg gekrönt sein werden. Es existiert der gute Willen bei den diversen Parteien, denen die Verantwortung obliegt. Der Weg ist allerdings noch lange, und bedeutende Lücken bleiben bestehen.
Die Grundsätze der Unabhängigkeitserklärung sowie die jüdischen und demokratischen Prinzipien unseres Staates sind meine Leitsätze, deren Schädigung ich nicht zulassen werde. Wir haben einen starken und facettenreichen Staat und eine ebensolche Gesellschaft, die bisher schon zahlreiche Herausforderungen bewältigt haben.
Ich verpflichte mich, mit all meiner Kraft weiter zu arbeiten, und ich hoffe, dass wir im Stande sind, den richtigen Weg zu finden, um auch diese Krise zu bewältigen.»
Mit diesen Worten ist Isaac Herzog als israelischer Staatspräsident in einer innenpolitischen Krise weiter gegangen als seine Vorgänger.


Foto:
Israels Präsident Isaac Herzog
©tachles


Info: 
Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 16. Januar 2023