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Veröffentlichungen des Paritätischen Gesamtverbandes, Berlin, Teil 271

Der Paritätische

Berlin (Weltexpresso) -  Der Referentenentwurf aus dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales will Aus- und Weiterbildung weiter stärken durch "Ausbildungsgarantie" für Jugendliche und Veränderungen bei der Fort- und Weiterbildung von Beschäftigten. Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) hat zu dem Vorhaben Stellung bezogen.


Mit dem Gesetzentwurf sollen Förderinstrumente der Arbeitsmarktpolitik weiterentwickelt werden, um die Ausbildungschancen junger Menschen zu verbessern und die Weiterbildung von Beschäftigten zu stärken.

Mit dem Ziel allen jungen Menschen, die nicht über einen Berufsabschluss verfügen, den Zugang zu einer vollqualifizierenden, möglichst betrieblichen Berufsausbildung zu eröffnen, wird eine „Ausbildungsgarantie“ eingeführt. Die Instrumente der Ausbildungsförderung werden dafür erweitert:  es werden kurze betriebliche Praktika zur beruflichen Orientierung eingeführt und die Einstiegsqualifizierungen weiterentwickelt. Berufsausbildung in außerbetrieblichen Einrichtungen soll, wo erforderlich, ergänzend genutzt werden, bleibt aber „ultima ratio“.

Es soll außerdem einige Neuerungen bei der Weiterbildungsförderung von Beschäftigten geben: Beschäftigte, die sich weiterbilden möchten, können zukünftig eine „Bildungszeit“ in Anspruch nehmen und staatliche Zuschüsse zum Lebensunterhalt erhalten, wenn sie während der Bildungszeit eine Weiterbildung mit Arbeitsmarktbezug durchlaufen und sich im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber dafür freistellen lassen. Um die Inanspruchnahme der bestehenden Beschäftigtenförderung (§ 82 SGB III) zu vereinfachen, wird die Regelung übersichtlicher gestaltet. Es wird eine neues "Qualifizierungsgeld" eingeführt, das Beschäftigte in besonders stark von Transformationsprozessen betroffenen Bereichen unterstützen soll, ihren Arbeitsplatz mit einer Weiterbildung im gleichen Unternehmen zu sichern. Kostenerstattungen für Arbeitgeber, die ihren Beschäftigten während Kurzarbeit Weiterbildungen anbieten, werden verlängert.

In ihrer gemeinsamen Stellungnahme kritisieren die Wohlfahrtsverbände die geplante „Ausbildungsgarantie“ als völlig unzureichend. Denn gemessen an der tatsächlichen Ausbildungsstellenlücke, einer Viertelmillionen junger Menschen im Übergangssystem und dem Umstand, dass 2,33 Millionen bzw. 15,5 % der 20- bis 34-Jährigen über keinen Berufsabschluss verfügen (Zahlen für 2020, Berufsbildungsbericht 2022), sorgt das Vorhaben für nur wenig Abhilfe. Es werden einzelne, bekannte Maßnahmen zur Berufsorientierung und Praxiserprobung ausgeweitet und ab dem Jahr 2024 ein zusätzliches Angebot von lediglich 3.000 außerbetrieblichen Ausbildungsplätzen avisiert. Statt kleinteiliger Maßnahmen wäre die Zeit gekommen für einen umfassenden Lösungsansatz, mit dem Bund und Länder sich gemeinsam zur Umsetzung einer Ausbildungsgarantie verpflichten und dabei die schulischen Ausbildungen einbeziehen. Die Wohlfahrtsverbände sprechen sich zudem dafür aus, die Ausbildungsgarantie inklusiv auszugestalten.

Aus Sicht der  BAGFW weisen die geplanten Vereinfachungen zur Stärkung der Weiterbildung von Beschäftigten (§ 82 SGB III) in die richtige Richtung. Die Wohlfahrtsverbände fordern zugleich, die Beschäftigtenqualifizierung in den vom Fachkräftemangel stark betroffenen Gesundheits-, Erziehungs- und Sozialberufen auszubauen. Es ist insgesamt überfällig, eine funktionierende Weiterbildungsberatung bei der Bundesagentur für Arbeit und regionalen Kooperationspartnern aufzubauen, so die BAGFW. Zudem müssen die Rahmenbedingungen für Bildungsträger verändert werden, damit es ihnen erleichtert wird, passgenaue Weiterbildungsangebote anzubieten. Aus Sicht der Verbände ist es leider fraglich, ob die geplante „Bildungszeit“ bestehende Benachteiligungen von Geringverdienenden und gering Qualifizierten bei der Inanspruchnahme von Weiterbildungen abmildern kann oder nicht im Gegenteil fortschreiben wird.

Zur Stellungnahme der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung und Einführung einer Bildungszeit: https://www.bagfw.de/veroeffentlichungen/stellungnahmen/positionen/detail/stellungnahme-der-bagfw-zum-referentenentwurf-eines-gesetzes-zur-staerkung-der-aus-und-weiterbildungsfoerderung-und-einfuehrung-einer-bildungszeit