Ein über Nacht gebauter Außenposten in der Westbank sorgte für einen Konflikt im israelischen Verteidigungsministerium
Jacques Ungar
Tel Aviv (Weltexpresso) - Smotrich gegen Gallant. So könnte man den jüngsten Knatsch in der noch jungen israelischen Koalitionsregierung übertiteln. Vize-Verteidigungsminister Bezalel Smotrich ist für den über Nacht vom Donnerstag auf Freitag entstandenen Westbank-Außenposten «Or Haim» (Licht des Lebens) zum Andenken an den verstorbenen Rabbi Chaim Druckman der religiösen Zionisten. Verteidigungsminister Yoav Gallant ließ jedoch den aus fünf Bauten bestehenden Posten so rasch wieder räumen, wie er hingestellt worden war.
Premier Binyamin Netanyahu kam angesichts der immer breiteren öffentlichen Diskussion wohl nicht umhin, Stellung zu beziehen. Er meinte, er sei zwar für Siedlungen, doch nur wenn es «auf legalem Weg» getan würde und «in Koordination (mit mir) und dem Verteidigungs-Establishment, was nicht geschehen ist». Smotrichs Büro replizierte in diesem politischen Ping-Pong wie folgt: «Verteidigungsminister Gallant gab die Order, mit der Evakuierung fortzufahren trotz Smotrichs Befehl, ohne Konsultation mit ihm und komplett gegen die Koalitionsvereinbarungen, welche die Basis für die Existenz der Regierung bilden».
Der Zwischenfall ist eine Herausforderung für die neu vereidigte israelische Koalition, die einerseits der Verstärkung der jüdischen Kontrolle über die palästinensischen Territorien verpflichtet ist, andererseits aber in der Sache unter wachsendem, internationalem Druck steht.
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Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 23. Januar 2023