Dieses Jahr starben bereits 63 Israel-Araber eines unnatürlichen Todes
Jacques Ungar
Tel Aviv (Weltexpresso) - In der israelisch-arabischen Stadt Taibe trug sich am Montag ein besonders grausames Morddelikt zu: Ein 30-jähriger Mann steht unter dem dringenden Verdacht, aus noch unbekannten Gründen zuerst seine 26-jährige Frau und dann seinen halbjährigen Sohn und einen weiteren, wenige Jahre jungen Sohn mit dem Messer erstochen zu haben. Bei der Festnahme dementierte der mutmassliche Täter jede Beteiligung an den Verbrechen, doch die Sicherheitsorgane sind bereits am Anfang der Untersuchung praktisch ohne Zweifel davon überzeugt, dass es sich bei der Dreifach-Tat um ein weiteres, besonders schreckliches Beispiel für die Gewalt im arabisch-israelischen Kreis handelt.
Im vorliegenden Fall liegen auf den ersten Blick keine konkreten Gründe für das Vorgehen des wahrscheinlichen Familienmörders vor. Übereinstimmenden Aussagen aus dem Freundes- und Familienkreis der betroffenen Familie zufolge handelte es sich bei dem wahrscheinlichen Täter und den Opfern um vollwertige Mitglieder ihrer Gesellschaft, und auch der mutmassliche Täter ließ sich seiner näheren und weiteren Familie gegenüber nichts zuschulden kommen. Zwar musste der Vater und Gatte der Opfer sich vor einigen Jahren einer psychiatrischen Untersuchung unterziehen, die aber keine eindeutigen Schlüsse zuliess, was das jetzige Verbrechen betrifft. Gewalttaten im arabischen Sektor Israels haben seit Jahresbeginn bereits 63 Opfer gefordert, und der Ruf vor allem aus den direkt betroffenen Bevölkerungskreisen nach einem entschiedeneren Vorgehen der Polizei und anderer Sicherheitsorgane werden stets lauter. Bedenklich ist für die Betroffenen nicht zuletzt der Umstand, dass das Wirken von Itamar Ben-Gvir, des neu ernannten Ministers für innere Sicherheit bisher nichts Konkretes zur Beruhigung des arabischen Bevölkerungsteils Israels beigetragen hat.
Vielleicht ist Ben-Gvir nicht der richtige Mann für eine Mithilfe zur Normalisierung der Atmosphäre im israelisch-arabischen Bevölkerungsteil. Ein anderer Aspekt ist die unglaubliche Leichtigkeit, mit der Waffenschmuggler ihre Ware über die längste Friedensgrenze zwischen Israel und einem arabischen Staat, im konkreten Fall Jordanien, importieren können. Es darf an dieser Stelle nicht vergessen werden, dass diese unseligen und rücksichtslosen Verbrecherbanden ihrer traurigen Tätigkeit auch im Sinai zwischen Israel und Ägypten sowie im Norden zwischen Libanon und Israel nachgehen kann. Am Dienstagmorgen zeigte sich die palästinensische Bevölkerung des Gazastreifens von einer anderen, für Israel nicht weniger gewaltsamen Seite. Wahrscheinlich als Folge des Todes eines Aktivisten des Islamischen Jihads im israelischen Gefängnis – der Mann hatte seit drei Monaten im Hungerstreik gestanden – wurden am Dienstagfrüh drei Raketen in Richtung des Kibbuz Saad im westlichen Negev an der Grenze zum Gazastreifen abgefeuert. Die Geschosse landeten im offenen Gelände, weshalb die Armee ihr anti-Raketensystem nicht einsetzte. Eine Erwiderung der IDF auf diese flagrante Verletzung der israelischen Souveränität gab es vorerst auch nicht zu vermelden.
Foto:
Die beiden kürzlich in der Stadt Taibe ermordeten Kleinkinder.
Info:
Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 2. Mai 2023