Bildschirmfoto 2023 05 09 um 00.42.26Der Minister für innere Sicherheit boykottiert Kabinettsitzung

Jacques Ungar

Tel Aviv (Weltexpresso) - Die israelischen Minister der rechtsgerichteten Partei «Otzmah Jehudit, jüdische Macht» haben am Sonntagmorgen die wöchentliche Kabinettsitzung boykottiert. Grund war die Äußerung von Itamar Ben-Gvir, dem Minister für nationale Sicherheit, bezüglich «inakzeptabler» Sicherheits- und diplomatischer Äußerungen, wie die Partei in einer Mitteilung am Sonntag erklärte.

Ben-Gvir meinte weiter: «Auch in den letzten paar Tagen setzten der Premier und der Verteidigungsminister ihre Politik fort, indem sie den jordanischen Terroristen (den Abgeordneten Imad Adwan Anm. d. Red.) befreiten, der letzte Woche gefangen genommen wurde, wie er rund 200 Waffen und Gold nach Israel schmuggeln wollte. Hinzu kam die Rückgabe der Leichen von drei Terroristen und weitere Geschehnisse. Das ist inakzeptabel und kann so nicht weitegehen. Die Politik muss geändert werden, und die Regierung muss ihre Politik voll und ganz auf rechts-rechts schwenken. Wir haben vom Volk ein Mandat erhalten, die Richtung zu wechseln – und das muss geschehen».

Während das Kabinett tagte, besuchte der Minister für innere Sicherheit die Hauptquartiere von «Yamam», der Einheit der israelischen Polizei für Konter-Terrorismus. Dort sagte er laut «Haaretz» vom Sonntag. er «besteht darauf und kämpft dafür», dass die Einheit den Terrorismus «mit so wenigen Einschränkungen als möglich» bekämpfen könne.

Die Abwesenheit der Minister von Otzmah Jehudit aus der Kabinettssitzung ist auf die letztwöchige Bemerkung von Ben-Gvir zurückzuführen, wonach die Partei Abstimmungen im Knessetplenum so lange boykottieren werde, bis sie in Fragen der nationalen Sicherheitspolitik entsprechenden Einfluss erhält.

Die kommenden Tage und Wochen werden zeigen, ob Ben-Gvir mit diesen Bemerkungen nur Premier Netanyahu herausfordern will oder ob es ihm ernst ist mit der Boykottdrohung. Jedenfalls ist es mehr als fraglich wie weit Netanyahus Rechtskabinett Querschläge eines Itamar Ben-Gvir und anderer rechtslastiger Mitgliedern der Koalition abfangen und eventuell mit Hilfe von politischen Zugeständnissen neutralisieren kann. Der politische Haussegen hängt innerhalb der Koalition jedenfalls momentan schon bedenklich schief. Fraglich ob sich daran rasch Wesentliches ändern wird. Das israelische Radio berichtete nämlich am Montagmorgen, dass Ben-Gvir für seine Rückkehr an die Kabinettssitzungen eine Reihe von Bedingungen stellte. Unter anderem will er Zugang erhalten zu den vertraulichen Besprechungen des Sicherheitskabinetts. Laut Radio Israel ist Premier Netanyahu aber nicht gewillt, Ben-Gvir Zugang zu den vertraulichen Informationen des Kabinetts zu gewähren. Vorerst zumindest nicht; der Kontakt zwischen Netanyahu und Ben-Gvir bleibt vorläufig gekappt.

Foto:
Ben-Gvir in der Knesset
©tachles
 
Info:
Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 8. Mai 2023