Israelischer Kommunikationsminister attackiert und droht erneut staatlich finanziertem Fernsehsender
Redaktion
Tel Aviv (Weltexpresso) - Dass Binyamin Netanyahu seit vielen Jahren ein massives Problem mit der Presse hat, ist bekannt. In seinem Prozess wegen mutmasslicher Korruption in drei Fällen wird ihm unter anderem vorgeworfen, für eine bessere Berichterstattung über ihn Medientycoonen Vorteile versprochen zu haben. Nun hat sein aktueller Kommunikationsminister Shlomo Karhi gegenüber dem staatlichen Sender KAN wieder einmal Drohungen ausgesprochen.
In einem Brief an die Leiter des Senders beschuldigt er KAN der brutalen Verletzung des Gesetzes, so dass er sich gezwungen fühle zu reagieren, damit «die Öffentlichkeit in Israel ein ausgewogenes und faires Programm» bekäme. Karhi regte sich darüber auf, dass im arabischen Programm über einen Autounfall im «besetzten Nord-Palästina» berichtet wurde. Ebenso erzürnte es den Minister, dass in einer Kochshow die Proteste gegen die Regierung als ein wichtiges Charakteristikum Tel Avivs dargestellt wurden. Das würde beweisen, dass die Produzenten der Show bestimmte politische Meinungen bevorzugen und gewaltsam politische Inhalte in Unterhaltungsprogramme brächten, die damit nichts zu tun hätten. Im englischsprachigen Programm regte sich Shlomo Karhi dann über den Begriff «Westbank» für das Westjordanland auf.
Der Begriff «ist politisch nicht neutral, da er künstlich eine Spaltung aufrechterhält, die eine Affinität zwischen Judäa und Samaria und Ostjordanien schafft». Die fortgesetzte Verwendung des Begriffs entspräche nicht der Pflicht «fair und ausgewogen» die «vorherrschenden Ansichten in Israel» darzustellen. Der Sender reagierte umgehend auf die Attacke des Ministers, der den Sender schon länger im Visier hat. Man betrachte den Brief als «Drohung» KAN zu übernehmen und das Management auszuwechseln, aus dem einzigen Grund, weil der Sender nicht bereit sei, dem Wunsch des Ministers, die Medien zu kontrollieren, zu entsprechen.
Man werde sich aber von seinen Drohungen nicht einschüchtern lassen. Karhi ist nicht das einzige Regierungsmitglied, das Medien, die nicht der politischen Linie der Führung des Landes entsprechen, öffentlich attackiert. Immer wieder werden Drohungen gegen die freie Presse ausgesprochen, vor allem auch gegen die Fernsehsender. Die Medien haben inzwischen eine Organisation gebildet, mit der man gemeinsam gegen Zensur-.und Übernahmepläne der Regierung vorgehen will.
Foto:
Kommunikationsminister Shlomo Karhi (links) und Binyamin Netanyahu.
Info:
Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 13. September 2023