Bildschirmfoto 2024 06 05 um 07.59.16Itamar Ben Gvir hat Angst vor der Wut der Geiselfamilien. Und beschimpft sie

Redaktion tachles

Tel Aviv (Weltexpresso) - Man solle doch endlich mit dem Populismus aufhören, erklärte ausgerechnet der Mann, der selbst ein Populist ist, ein Aufwiegler, ein Rechtsextremist: der Nationale Sicherheitsminister Itamar Ben Gvir. Der «Populismus» gegen den er sich wendet, ist der Protest der Familien der Geiseln. Vor ihnen flieht er, so schnell es geht und immer. Zuletzt am Montag, als er bei einer Fraktionssitzung seiner Partei Otzma Yehudit in Räumen der Knesset sass und den Familien keinen Zutritt gewährte.

So gab Einav Zangauker, die Mutter des entführten Matan, eine Pressekonferenz vor der Tür des Sitzungszimmers. «Wenn die Familien der Geiseln herkamen, um seine, Ben Gvirs, Pressestatements zu hören, floh er wie eine Ratte durch eine Hintertür. Und jetzt verbarrikadiert er sich in einem Raum, zu dem ich keinen Zutritt habe. Warum?» fragte die empörte Mutter, «Ich will wissen, warum israelische Minister sich weigern, den Familien der Geiseln in die Augen zu schauen».

Angst und Schrecken, das ist es, was Ben Gvir gerne den Menschen einjagt, damit sie ihn wählen, der für «Sicherheit» sorgen wird. Doch wenn er mit der entsetzlichen Angst und Furcht der Familien konfrontiert wird, Menschen, die ihr Vertrauen in den Staat verloren haben, dann wird es für Ben Gvir kitzlig. Gleichzeitig kann er nicht aus seiner Haut. Er verflucht den Waffenstillstandsvorschlag von US-Präsident Joe Biden, droht, die Koalition andernfalls zu verlassen und macht natürlich «die Linken» für das Desaster verantwortlich.

Doch Umfragen zeigen, dass die Mehrheit eine ganz andere Meinung hat als der Brandstifter. 40 Prozent sind für den Deal von Biden, 27 Prozent dagegen und 33 Prozent noch unsicher. Und eine andere Umfrage zeigte, dass 62 Prozent die Rettung der Geiseln für wichtiger halten als weitere Militäraktionen. Doch natürlich haben die Rechtsextremen in der Regierung andere Pläne. Populistische Pläne. Sie haben andere Ziele, sie wollen ja die Ankunft des Messias beschleunigen. Dafür muss Gaza wiedererobert und -besiedelt, die Palästinenser möglichst vertrieben werden. Und was mit den Geiseln wird? Die werden für das «grössere Ganze» geopfert.

Foto:
Itamar Ben Gvir am vergangenen Montag in der Knesset
©tachles


Info:
Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 4. Juni 2024