Bildschirmfoto 2024 07 05 um 04.40.05Vorwürfe des israelischen Erziehungsministers gegen den Chef der Holocausgedenkstätte erweisen sich als haltlos und hatten eher einen politischen Hintergrund

Redaktion tachles

Tel Aviv (Weltexpresso) - Letztes Jahr wollte Erziehungsminister Yoav Kisch den Leiter der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem, Dani Dayan, seines Amtes entheben. Grund: Es habe «viele Beschwerden» gegen Dayan gegeben. Nun zeigte eine Untersuchung, die vom Jerusalemer Distriktsgericht angeordnet wurde, dass es einen einzigen Beschwerdebrief einer Organisation in den USA gegeben hat, mit der Dayan tatsächlich nicht mehr zusammenarbeiten wollte.

Vorwürfe, wie schlechtes Management, finanzielle Unregelmäßigkeiten oder unstatthaftes Verhalten gegenüber Angestellten, stellten sich als falsch und vom Erziehungsministerium erfunden heraus.

Tatsächlich hatten sich viele Mitarbeiter in Yad Vashem schon vor Monaten öffentlich hinter Dayan gestellt und ihm eine erstklassige Arbeit konstatiert, ebenso wie internationale Institutionen, Politiker und Historiker, die sich in einem öffentlichen Brief ebenfalls für Dayan einsetzten. Warum Kisch ihn also loswerden wollte, hat wohl politische Gründe. Dayan hatte zusammen mit Gideon Sa’ar vor einigen Jahren den Likud verlassen. Dayan, der einst Vorsitzender der Siedlergemeinschaft «Yesha» war, ist zwar ein Rechter, aber konstatierte Netanyahu die Korrumpierung des politischen Systems.

Nachdem er bei den nächsten Wahlen keinen Sitz in der Knesset erhalten hatte, wurde er zum neuen Chef von Yad Vashem gemacht – eine richtige und kluge Entscheidung, vor allem nachdem sich Dayan in seiner vorherigen Position als israelischer Konsul in den USA viele Freunde gemacht hatte. Wie unabhängig Dayan ist, bewies er im letzten Jahr, als er die Sängerin Keren Peles zum Memorial Day nach Yad Vashem einlud. Die Sängerin war zuvor in den Protesten gegen die illiberale Justizreform der Regierung Netanyahu aufgetreten. Netanyahu und seine Frau Sarah sollen angeblich getobt haben, dass sie nun am Holocaust-Gedenktag in Yad Vashem sein werde. Dem Chef der Gedenkstätte war das offensichtlich egal. Dayan dürfte nun, nach Bekanntwerden der absolut haltlosen und erfundenen Vorwürfe gegen ihn, fester im Sattel sitzen also zuvor. Für die Erinnerung und die Erforschung der Shoah ist das von größter Wichtigkeit. Damit wird der Massenmord am jüdischen Volk erst einmal aus dem politischen Ränkespiel herausgehalten werden können.

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Erziehungsminister Yoav Kisch.
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Info:
Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 4. Juli 2024