Bildschirmfoto 2024 08 20 um 02.42.37Bundesregierung ignoriert Chinas Interesse an Ukraine-Vermittlung

Conrad Taler

Bremen (Weltexpresso) – Geschlagene vier Wochen ist es jetzt her, seit sich der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba auf Einladung der chinesischen Regierung zu mehrtägigen Gesprächen mit seinem Amtskollegen Wang Yi in Peking aufgehalten hat. Er sei nach China gekommen, um über die Möglichkeit eines Friedens mit Russland zu sprechen, war am 24. Juli auf der ersten Seite der Süddeutschen Zeitung zu lesen.

Konnte es eine spektakulärere Aussage als diese geben.? Die Redaktion hatte sie nicht von ungefähr nach dem jahrelangen öffentlichen Stillschweigen in den Beziehungen zwischen den beiden Seiten unter einer vierspaltigen Überschrift auf der ersten Seite veröffentlicht. Vier Wochen haben offensichtlich nicht ausgereicht, um die Bundesregierung zu einer Stellungnahme zu bewegen. Dabei schlagen allein die Ausgaben für die militärische Unterstützung der Ukraine zur Verteidigung gegen Russland im laufenden Jahr im deutschen Haushalt mit nicht weniger als sieben Milliarden Euro zu Buche, eine Summe, von der sich ein normaler Bürger kaum eine rechte Vorstellung machen kann.

Die Deutsche Presse-Agentur hielt die Nachricht von der Bereitschaft Chinas zu einer Vermittlerrolle im Krieg mit Russland auf kleiner Flamme. Sie war ihr gerade mal eine siebzehnzeilige Meldung wert. Halten die Verantwortlichen in Berlin das öffentliche Interesse an einer möglichst raschen Beendigung des Krieges zwischen Russland und der Ukraine für so gering, dass sie eine breite Debatte darüber für unangemessen halten? Der Erhard_Eppler-Kreis in der SPD , zu dem der frühere SPD-Bundesvorsitzende Norbert Walter-Borjans gehört, hat darauf gedrängt, innerhalb der Parteiführung das Plädoyer des Fraktionsvorsitzenden Rolf Mützenich zu diskutieren, „abseits des Schlachtfeldes Wege zu einem Frieden in der Ukraine zu suchen“. Das gelte auch für Bundeskanzler Olaf Scholz.


Der ungarische Ministerpräsident Victor Orbán, der gegenwärtig den EU-Ratsvorsitz innehat, forderte in einem Schreiben an den Europäischen Rat ein stärkeres Engagement bei den Bemühungen um eine friedliche Beilegung bestehender Konflikte. China werde allerdings nur dann eine aktivere Rolle spielen, wenn die Erfolgsaussichten nahezu sicher seien. Das sei nach seiner Einschätzung gegenwärtig nicht der Fall. In einem 10-Punkte-Plan schlägt Orban vor, dass die Europäische Union die Initiative für politische Gespräche auf hoher Ebene mit China über die Modalitäten der nächsten Friedenskonferenz ergreift.

Vor diesem Hintergrund macht die Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland unbeschadet der Milliardensummen, die alljährlich Richtung Kiew fließen, den Eindruck, als lebten ihre politischen Akteure hinter dem Mond.



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