Rabbiner reagiert auf Solinger-Attentat
Solingen (Weltexpresso) - Samstagnacht hat sich der Täter des Attentats gestellt. Kurz zuvor reagierte Pinchas Goldschmidt, der Vorsteher der Europäischen Rabbinerkonferenz. Der zunächst unbekannte Täter hatte am Freitagabend auf einem Jubiläumsfest der Stadt Solingen im Bergischen Land offenbar willkürlich auf Umstehende eingestochen. Anschließend entkam er im Tumult und in der anfänglichen Panik. Zwei Männer im Alter von 67 und 56 Jahren sowie eine 56 Jahre alte Frau starben. Acht Menschen wurden verletzt, vier davon schwer. Polizeiführer Thorsten Fleiss sagte, man gehe nach aktuellem Stand und nach Auswertung ersten Bildmaterials davon aus, dass es "ein sehr gezielter Angriff auf den Hals" der Opfer war.
Inzwischen hat sich der Täter gestellt. Bei dem Mann soll es ich um den Syrer Issa al H. (26) handeln.
Der IS reklamierte die Tat für sich. In einer Mitteilung beim IS-Sprachrohr Amak hieß es, der Angreifer sei IS-Mitglied gewesen und habe die Attacke aus "Rache für Muslime in Palästina und anderswo" verübt. Der Angriff habe einer "Gruppe von Christen" gegolten. Auch die Düsseldorfer Polizei erhielt nach eigenen Angaben ein Bekennerschreiben des IS. Jetzt müsse geprüft werden, ob dieses Schreiben echt sei, sagte ein Polizeisprecher. Aus Ermittlerkreisen wurde darauf hingewiesen, dass der IS in der Vergangenheit öfter eine Tat für sich reklamiert habe, ohne dass es für eine wirkliche Zusammenarbeit mit dem Täter belastbare Hinweise gegeben habe.
Mutmasßich bezieht sich der IS mit "Palästina" auf den Krieg im Gazastreifen zwischen Israel und der islamistischen Hamas. Weder der IS noch die Terrororganisation Al-Kaida haben Bündnisse mit der Hamas. Die Gefahren durch Terrorismus und Radikalisierung in der islamischen Welt sind einigen Beobachtern zufolge durch den monatelangen Krieg in Gaza aber gestiegen. Deutschland ist neben den USA einer der wichtigsten Verbündeten Israels und auch einer der wichtigsten Waffenlieferanten.
Zu einem möglichen Motiv hatte der Leitende Oberstaatsanwalt Markus Caspers am Nachmittag bei einer Pressekonferenz in Wuppertal gesagt: "Eine Motivlage konnten wir bisher auch nicht erkennen, wir gehen aber nach den Gesamtumständen davon aus, dass der Anfangsverdacht einer terroristisch motivierten Tat nicht ausgeschlossen werden kann."
Deutschlandweit löste die Tat von Solingen große Betroffenheit aus. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach von einem "furchtbaren Verbrechen". "Wir dürfen so etwas in unserer Gesellschaft nicht akzeptieren und uns niemals damit abfinden. Mit der ganzen Härte des Gesetzes muss hier vorgegangen werden", sagte der SPD-Politiker bei einem Termin im brandenburgischen Stahnsdorf. Faeser kündigte erst kürzlich Verschärfung des Waffenrechts an.
Am Samstagabend erkärte der Präsident der Konferenz der Europäischen Rabbiner (CER) Pinchas Goldschmidt: «Die jüngsten Angriffe von Islamisten auf friedliche Bürgerinnen und Bürger in Solingen und auf Gläubige in einer Synagoge im französischen La Grande-Motte (Link), Frankreich verurteilen wir auf das Schärfste. Diese Anschläge erinnern uns Europäer eindringlich daran, dass der radikale Islam, der vom Iran, ISIS, der Hamas und anderen unterstützt und praktiziert wird, für die Zukunft Europas nicht weniger bedrohlich ist als die russische Aggression gegen die Ukraine.»
Foto:
Gedenken nach dem Schock von Solingen
©tachles
Info:
Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 24. August 2024