Werden wir zur Zielscheibe in einem Dritten Weltkrieg?
Kurt Nelhiebel
Bremen (Weltexpresso) – Wie viel Deutsche werden an diesem 1. September wohl daran denken, dass vor 85. Jahren der zweite Weltkrieg ausgebrochen ist? Die meisten Nachkommen des Volkes der Erbauer von Gaskammern, in denen sie Menschen wie Ungeziefer töteten, werden sicher mit anderen Dingen befasst sein. Wahrscheinlich haben die meisten von diesem grauenvollen Verbrechen noch nie etwas gehört.Zumindest würden sie das behaupten.
Dass der Zweite Weltkrieg an jenem Tag ausgebrochen ist trifft die Sache ohnedies nicht, er wurde mutwillig und in böser Absicht von der nationalsozialistischen Staatsführung durch den brutalen deutschen Überfall auf das benachbarte Polen herbeigeführt. Ich war 1939 ein Kind von zwölf Jahren und lebte noch in der ersten tschechoslowakischen Republik, deren deutsch besiedelte Randgebiete das Deutsche Reich meinem Geburtsland im Jahr davor mit militärischer Gewalt geraubt hatte.
Jetzt bin ich 97 Jahre alt und sehe mit Schrecken, wie die demokratisch gewählte deutsche Regierung Milliardensummen investiert, um unser Land kriegstüchtig zu machen. Genau so hat sich unser Verteidigungsminister Piistorius ausgedrückt. Ich gestehe, dass mir bei diesem Wort ein Schauder über den Rücken gelaufen ist, obwohl ich dem Mann nichts Böses unterstellen will. Ähnlich geht es mir mit den Plänen der Bundesregierung, amerikanische Raketen, die von uns aus russisches Territorium erreichen, auf deutschem Boden zu stationieren.
Damit wird unser dicht besiedeltes Land zur Zielscheibe feindlicher Raketen gemacht. Im Ernstfall spielt es keine Rolle, ob eine amerikanische oder eine russische Rakete als erste ihr Zielgebiet erreicht. Beide Seiten besitzen Waffen, die mit Überschallgeschwindigkeit fliegen. Mag der Weg zum nächsten Luftschutzbunker noch so kurz sein, die Zeit würde niemals reichen, der tödlichen Gefahr zu entgehen.
Verglichen mit den Waffen von heute kommt mir mein Aufenthalt im Hagel russischer Stalin-Orgeln während der letzten Kämpfe in Berlin wie ein Kinderspiel vor. So wenig ich mir als Zwölfjähriger vorstellen konnte, dass mir Krieg und Gefangenschaft wohl nicht erspart bleiben würden, so wenig kann ich mir heute als 97Jähriger vorstellen, dass jemals vergessen wird, wozu das Volk der Erbauer von Gaskammern zur millionenfachen Tötung von völlig schuldlosen Menschen einmal fähig gewesen ist.
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