Bildschirmfoto 2024 12 31 um 23.34.31Yuval Shoham, 22, Soldat, der nach seinem gefangenen Freund Hersh Goldberg-Polin suchte, stirbt in Gaza

Redaktion tachles

Tel Aviv (Weltexpresso) - Hersh Goldberg-Polin und Yuval Shoham waren seit ihrer Kindheit befreundet. Sie wuchsen im Jerusalemer Stadtteil Baka auf, wo ihre Familien beide in der egalitären Gebetsgemeinschaft Hakhel aktiv waren.

Als Hersh, ein 23-jähriger amerikanisch-israelischer Staatsbürger, am 7. Oktober 2023 auf dem Nova-Musikfestival als Geisel genommen wurde, gehörte Yuval zu den Soldaten, die ihn suchen sollten. Er rief «Hersh», als er im Gazastreifen patrouillierte. Als die Familie von Goldberg-Polin im Sommer den Tod von Hersh bekannt gab, sprach Yuvals Mutter, Oshrat Shoham, über den Schmerz ihrer Familie und ihrer Gemeinschaft.

«Es fühlt sich wirklich so an, als wäre er unser Sohn», sagte Oshrat damals. «Die ganze Nachbarschaft ist hier mit Hersh-Schildern. Wir hätten nicht gedacht, dass es so enden würde. Alle hatten gehofft, dass wir uns in der Freude der Befreiung treffen würden und nicht in diesem Ende. Ein solches Ende haben wir uns nicht vorgestellt.»

Am Sonntag ereilte das Unvorstellbare die Familie Shoham, als das israelische Militär bekannt gab, dass Yuval Shoham bei einem Einsatzunfall in Jabalia, einer Stadt im nördlichen Gazastreifen, getötet wurde. Der 22-jährige Shoham diente als Stabsfeldwebel im 9. Bataillon der 401. Brigade.

Tausende nahmen am Montag an seiner Beerdigung auf dem Berg Herzl, dem großen Militärfriedhof in Jerusalem, teil. Zuvor hatten sie die Straßen von seinem Haus in Baka aus gesäumt. In seiner Grabrede forderte Yuvals Vater Ephraim, ein außerordentlicher Professor für jüdische Geschichte an der Ben-Gurion-Universität des Negev, den israelischen Premierminister Binyamin Netanyahu auf, ein Waffenstillstandsabkommen mit der Hamas zu schließen und die Geiseln, die noch immer festgehalten werden, nach Hause zu bringen.

«Ich rufe den Ministerpräsidenten auf – es ist kein Geheimnis, dass wir nicht einer Meinung sind, aber hier am frischen Grab meines Sohnes fordere ich Sie in seinem Namen und im Namen so vieler anderer auf: Machen Sie einen Deal», sagte Ephraim. «Unsere Lieben kämpfen in Gaza, damit die Entführten zurückkehren können. Und dir, mein geliebter Yuval, verspreche ich, dass wir den Weg gehen werden, den wir im Licht gegangen sind. Deine persönliche Kerze ist leider erloschen, aber dein Licht wird für immer leuchten.»

Yuval Shoham war mindestens der neunte Absolvent der Himmelfarb High School, einer religiösen öffentlichen Schule in Jerusalem, der im Krieg ums Leben kam. «Die Idee, die Geiseln zurückzubringen, lag ihm am Herzen», sagte sein Bruder Shahar Shoham gegenüber «Ynet». «Er kannte Hersh Goldberg-Polin persönlich, und die Tatsache, dass er dort [in Gaza] war, verband ihn noch mehr. Er ging durch Gaza, suchte nach ihm und rief ‚Hersh‘.»

Shohams Eltern, wie auch Jon und Rachel Goldberg-Polin, die Eltern von Hersh, haben öffentlich den Schmerz und die Frustration der Israelis zum Ausdruck gebracht, die die Ziele des israelischen Krieges gegen die Hamas unterstützen, aber auch eine Verhandlungslösung suchen, um die Kämpfe zu beenden und die Geiseln zurückzubringen. Oshrat Shoham, eine Anwältin der Jerusalemer Staatsanwaltschaft, brachte diesen Schmerz in einer Predigt zum Ausdruck, die sie an Jom Kippur im vergangenen Oktober in Hakhel hielt.

«Viele, viele werden nicht mehr nach Hause kommen. Auch unser geliebter Hersh ist nicht nach Hause zurückgekehrt. Unsere Toten liegen vor uns. Viele Gräber wurden ausgehoben», sagte Yuvals Mutter in der Predigt. «Waisen, Witwen, hinterbliebene Eltern und Geschwister. Zerstörte Häuser. Viele können nicht in ihre verkohlten, von Kugeln zerfetzten Häuser zurückkehren und werden weit weg von ihrem Zuhause evakuiert. Und unsere Brüder und Schwestern werden entführt und schmachten in Gefangenschaft.»

Sie verleugnete nicht die brutalen Kosten des Krieges, aber sie gab auch der Hoffnung Ausdruck.

«Wir werden nie mehr so sein wie früher, und wir können die Zerrissenheit und das Unglück nicht hinter uns lassen», sagte sie. «Aber es ist unsere Pflicht, an diesem Jom Kippur – neben dem gebrochenen Herzen – einen neuen Geist der Wiederherstellung zu finden.»

Foto:
Die Eltern von Yuval Shoham, der im Gazastreifen getötet wurde, auf dem Weg zur Beerdigung ihres Sohnes

Info:
Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 30. Dezember 2024