in USA und Europa
FIR
Berlin (Weltexpresso) - Mit Sorge verfolgt die FIR die aktuelle Rechtsentwicklung nicht allein in den USA, sondern auch in verschiedenen europäischen Staaten. In Erinnerung an den 30. Januar 1933, als vor 92 Jahren die Hitler-Hugenberg-Papen-Regierung im Deutschen Reich von Reichspräsident Paul von Hindenburg ernannt wurde, womit die zweite faschistische Regierung in Europa an die Macht kam, kann uns der politische Zustand in Europa nur erschrecken. In Italien ist eine faschistische Regierung an der Macht, die mit allen Mitteln versucht, die antifaschistische Verfassung des Landes zu zerstören, die trotz gegenteiliger Gerichtsentscheide weiterhin ihre Politik der Flüchtlingslager in Albanien umsetzen will. In Ungarn praktiziert die extrem rechte Regierung den Abbau von Freiheitsrechten und Demokratie verbunden mit Nationalismus und Rassismus – und erfährt dafür populistische Unterstützung. In den USA wurde ein Präsident ins Amt eingeführt, der in seiner quasi Regierungserklärung Fremdenfeindlichkeit, Intoleranz, Klerikalismus, Demokratieabbau, juristische Selbstherrlichkeit und Protektionismus zum Programm erhob.
In Österreich erleben wir gegenwärtig, dass mit dem Scheitern der Koalitionsverhandlungen von ÖVP, SPÖ und Neo vor wenigen Wochen nun eine Koalitionsregierung zwischen ÖVP und der rechtspopulistischen FPÖ auf den Weg gebracht werden soll. In diese Koalition ist die FPÖ nicht der Juniorpartner, wie vor vielen Jahren mit dem FPÖ-Frontmann Jörg Haider, sondern sie stellt die deutlich größere Fraktion im österreichischen Bundesparlament. Damit ist klar, dass sie bei im Regierungsprogramms in aller Klarheit ihre politische Linie umsetzen will. Schon jetzt folgt die ÖVP mit ihrem Interims-Bundeskanzler dieser Linie in der Migrationspolitik. „Abschottung first“ könnte die Überschrift lauten. Abschiebungen und Verweigerung von Aufenthaltstiteln stehen auf dem gemeinsamen Programmzettel. Gleichzeitig sollen die Kosten der Kriegspolitik, an der sich die österreichische Regierung bislang beteiligt hat, durch Einsparungen bei Sozialleistungen und Hilfen für Bedürftige zusammengekratzt werden, während Unternehmen von Gewerbe- und Gewinnsteuern entlastet werden sollen. Mit dieser FPÖ, die sich als „Partei der kleinen Leute“ präsentiert, soll es einen weiteren Schub der gesellschaftlichen Umverteilung von unten nach oben geben. Im gesellschaftlichen Spektrum sollen erkämpfte Rechte und Möglichkeiten für andere Lebensvorstellungen durch eine konservative Normierung zurückgenommen werden. Die Regierungserklärung von Donald Trump bildet in vielfältiger Form auch die Werte-Tabelle der geplanten FPÖ/ ÖVP-Koalition ab.
Ob diese Ziele tatsächlich umgesetzt werden können, hängt auch von dem gesellschaftlichen Widerstand ab, der sich in der kommenden Zeit zeigen muss. Erfreuliches Signal war eine Großdemonstration vor wenigen Tagen in Wien, in der verschiedene, von der zukünftigen Koalition betroffene Gruppen zum ersten Mal gemeinsam auf die Straße gegangen sind. Hier ist aber noch viel „Luft nach oben“. Die österreichischen Antifaschisten werden ganz sicher in den verschiedenen Bündnissen gegen einen reaktionären Staatsumbau mitwirken.
Diese Entwicklung in Österreich wird auch in Deutschland als Drohung wahrgenommen. Schaffte es die neofaschistische AfD schon bei den letzten Landtagswahlen jeweils fast 30% der Stimmen zu erzielen, sehen sie die aktuellen Wahlumfragen vor der Bundestagswahl am 23. Februar mit über 20% als zweitstärkste Kraft. Gleichzeitig bekommt diese Partei deutliche Unterstützung durch den Trump-Berater Elon Musk. Die Politik der CDU und ihres Spitzenkandidaten Friedrich Merz nähert sich bereits so sehr der AfD an, dass ein Unterschied zwischen beiden Positionen insbesondere in der Asylpolitik und im Umgang mit dem migrantischen Teil der bundesdeutschen Gesellschaft nur schwer zu erkennen ist. Die CDU wirbt in verschiedenen Regionen mit dem Slogan, man müsse keine AfD wählen, die gewünschten Inhalte bekäme man auch mit der CDU/CSU. Und erste Kandidaten der CDU fordern dazu auf, die „Brandmauer“ gegenüber der AfD endlich aufzugeben und eine Koalition mit der extremen Rechten möglich zu machen. Diese Woche verschaffte sich die CDU für ihren Antrag zur Einschränkung des Asylrechtes im Deutschen Bundestag eine Mehrheit mit der AfD und der FDP.
In den vergangenen Tagen sind wieder viele Menschen gegen diese Rechtsentwicklung in vielen Orten auf die Straße gegangen sind. In der sächsischen Kleinstadt Riesa protestierten etwa 12.000 Menschen gegen den AfD Parteitag, in Hamburg versammelten sich 40.000 gegen einen Wahlkampfauftritt von AfD-Spitzenkandidatin Weidel und in Berlin demonstrierten mehrere zehntausend Menschen gegen die Rechtsentwicklung. Bis zum Wahltag sind weitere Großkundgebungen geplant. Diese Proteste richten sich nicht nur gegen die AfD, sondern gegen eine Rechtsentwicklung, die sowohl von der CDU/CSU als auch der gegenwärtigen Regierungskoalition befördert wird. Das sind positive Signale der demokratischen und antifaschistischen Kräfte.
Foto:
©Deutschlandfunk